Mitte Juni starteten wir in Richtung Osten, zunächst noch in Begleitung von Jörn Groninger, Sophias Vater und Lauras Onkel. In langen Schlägen ging es an der polnischen Küste entlang, teilweise in großen Bögen um militärische Sperrgebiete, die hier überall eingerichtet sind. Außerdem mussten wir feststellen, dass es in jedem Hafen eine Klappbrücke gibt und die Öffnungszeiten, die in der Karte zu finden sind, nicht unbedingt verlässlich sind. Zum Glück spielten Wind und Wetter mit und wir erreichten pünktlich den ersten Crewwechselhafen Danzig. Dort stieg Merle dazu, eine Freundin von uns aus der Yachtschule. Das vierte Crewmitglied musste leider mit Corona spontan absagen, deswegen erbot sich Jörn, noch etwas zu bleiben. Schließlich stand der längste und aufregendste Schlag unserer Reise, der große Bogen um Kaliningrad, auf dem Plan. Abends starteten wir von Danzig aus und gerieten gleich in der Danziger Bucht in ein Marine-Manöver, was vorher nicht angekündigt gewesen war und sowohl die Rudergänger, als plötzlich ein hell erleuchtetes Schiff direkt auf sie zukam, als auch die Freiwache vor dem Funkgerät, als plötzlich die polnische Marine mit Taffi sprechen wollte, ziemlich erschreckte. Zum Glück blieb die Kommunikation sehr freundlich. Die 180 Meilen nach Klaipeda um den russischen Festlandsockel herum verliefen größtenteils unaufgeregt und schnell über einen Tag und zwei Nächte. Die nächsten zwei Wochen verbrachten wir nach Jörns Abreise zu dritt an der litauischen, lettischen und später estnischen Küste. Auffallend waren die langen Segeltage, die sich automatisch ergaben, weil die Abstände zwischen den Häfen meistens um die 40 bis 50 Seemeilen sind, was bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4 Knoten schon eine Weile dauert. Trotzdem waren wir begeistert von der tollen Landschaft und vielen hübschen kleinen Städten und Orten. Es fiel auf, dass viele der Häfen gerade im Umbau und neu gemacht sind. Selbst die Hafenhandbücher vom letzten Jahr waren veraltet und man wusste bei der Hafeneinfahrt nie genau, was einen erwartet, wurde aber oft positiv überrascht. Ab Riga (nun zu viert mit Rosa) wurden die Häfen und Segler wieder mehr, spätestens ab Pärnu (jetzt zu fünft mit Flora) auch die Navigation wieder sehr viel spannender durch die ersten estnischen Inseln. Dort begegneten wir auch innerhalb weniger Tage tatsächlich gleich zwei Tornados, die sich zum Glück im sicheren Abstand wieder rechtzeitig auflösten. Mit Zwischenstopp in Tallinn ging es danach nach Helsinki und von da aus mit neuer Crew (mit Lara und Lara) zu viert durch die finnischen Schären- wunderschön und navigatorisch sehr herausfordernd! An die Navigation gewöhnten wir uns schnell und auch Kreuzen zwischen den Schären war irgendwann kein Problem mehr, allerdings gab es auch hier in den Häfen Abweichungen von unseren Karten, dieses Mal leider in die negative Richtung mit nicht eingezeichneten Steinen. Zum Glück verlief alles glimpflich und auch die ersten Schäre-Heckanker-Manöver gelangen und führten zu wunderschönen, ruhigen Abenden. Als junge Mädelscrews erreichten wir sowohl auf dieser als auch auf den Etappen davor unbeabsichtigt oft Aufsehen und konnten hoffentlich zeigen, dass diese Konstellation gar keinen Grund für Verwunderung oder Skepsis sein muss. Über die Ålands ging es in den Stockholmer Schärengarten und zum letzten Crewwechsel nach Stockholm (es kamen Till und Christian). Von dort aus wurden noch ein paar entspannte Tage in den Schären verbracht, bevor wir ein gutes Windfenster nutzen und nochmal einen langen Schlag von 160 Meilen aus dem Kalmarsund bis nach Gedser unternehmen konnten. Die letzten Aufregungen der Reise waren die nebeligen, schon fast herbstlichen letzten Augusttage, in deren Verlauf wir Windparks und Sperrgebiete für den Fehmarnbelttunnelbau passierten, bis wir am 28. August nach 72 Tagen und knapp 2300 Seemeilen wieder in Kiel einliefen.
Text: Sophia Groninger
Fotos: Crew