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Von Mittsommernächten, polnischen Piraten und dem, was dazwischen kam

Von der ersten Etappe der Elanreise der Yachtschule von Kiel nach Danzig berichten Sophia und Laura Groninger:

„Neues von Taffi“ wird es in den nächsten Wochen und Monaten wohl öfter mal zu hören geben – denn Taffi ist seit Freitag, dem 17. Juni 2022, von Kiel aus in der Ostsee unterwegs. In den nächsten drei Monaten soll es in fünf Etappen durch die östliche Ostsee gehen, entlang von Polen, Litauen, Lettland und Estland bis hoch nach Helsinki. In den letzten Schlägen segeln wir die schwedischen Schären entlang, bis wir dann Ende August – pünktlich zum Yachtschul-Jubiläum- wieder in der Kieler Förde einlaufen.

So sieht es jedenfalls die Reiseroute vor, die sich Skipperin Sophia Groninger zusammengestellt und überlegt hat. Die Gelegenheit genutzt hat Laura Groninger, die in diesem Jahr nicht nur ein paar freie Sommermonate, sondern auch große Lust hat, sie mit ihrer Cousine und dem Segeln zu verbringen. Ansonsten wechselt die Crew etwa etappenweise, vorrangig sind es natürlich weitere Yachtschüler*innen, die für ein paar Tage oder Wochen mitsegeln.

Die aufmerksame Leserschaft könnte sich schon im ersten Absatz gefragt haben, warum die Yachtschule diesen Törn auf Taffi, einem Boot der Schulungsgruppe, verbringt. Das ursprünglich eingeplante Boot war Bertha, die aber zum Zeitpunkt der Abreise wegen eines Schadens am Saildrive an Land stand. Recht kurzfristig mussten dann also Alternativen gefunden werden, und weil der Bootspark der Yachtschule momentan im Umbruch steht, stellte uns die SG freundlicherweise eines ihrer Boote zur Verfügung. Hier also nochmal ein Dank an die hilfsbereiten Bootbetreuer, an Volker und an Flo, die so spontan eingesprungen sind. Wir passen gut auf Taffi auf!

Und nun zur eigentlichen Reise, die direkt mit coronabedingter Verspätung begann. Statt am Montag konnten wir uns erst Freitag auf den Weg Richtung Osten machen, und deswegen dann auch mit anderer Crew als eigentlich geplant. In entsprechend großem Schlag ging es dann zu viert, mit Vincent Schlichter und Annika Meier, nach Stralsund. Noch in der Kieler Förde wurde das erste Mann-über-Bord-Manöver geübt – aber kein Grund zur Sorge! Das Seezaunpolster wurde erfolgreich geborgen und sitzt nun wieder ordnungsgemäß an Ort und Stelle.

Bis Fehmarn segelten wir leider ohne viel Wind, danach wurde es aber umso schöner. Die bevorstehenden Mittsommernächte machten sich auch schon bemerkbar, es war nur kurz dunkel und dafür viel hell. So kamen wir schon gegen Mittag an Hiddensee vorbei und konnten dann am Nachmittag in strahlendem Sonnenschein in Stralsund einlaufen. Kaum, dass Taffi festgemacht war, machten sich unsere Nachbarn bemerkbar, deren Rollfock sich so ordentlich vertüdelt hatte, dass unsere versammelte Crew (und im Grunde auch der restliche Hafen) eine ganze Weile damit beschäftigt war. Wir waren dann aber schließlich erfolgreich und wurden daraufhin auf ein Einlaufbier eingeladen, was uns natürlich gerade recht kam. Danach haben wir uns auf den Weg gemacht, um Vincent zum Zug zu bringen, und schlenderten durch die Stadt zurück. Nachmittags stieß dann ein weiterer Teil der Groninger-Familie dazu, mit Sophias Eltern und ihrem kleinen Bruder segelte Taffi am nächsten Tag dann voll besetzt bei ordentlich Welle und Wind nach Greifswald. Der nächste Tag begann entspannt, da wenig Wind vorhergesagt war und wir uns nur Peenemünde als Ziel gesetzt hatten. Nun zu dritt, mit Jörn, Sophias Vater und Lauras Onkel, mussten wir uns erstmal in Ruhe einspielen. Trotzdem konnten wir zeitweise den Spi setzen und ein paar Fender bergen. In Peenemünde erwarteten uns ein freundlicher Hafenmeister, ein schöner Abendspaziergang und ein gemütliches Essen an Bord.

Jetzt sollte es endlich nach Polen gehen! Welle und Wind von hinten schoben uns nach Kolberg. Die 77 Meilen waren nachts um eins endlich geschafft, zum Glück bleibt es ja lange hell und sogar Spi segeln ist bis Mitternacht kein Problem! In Kolberg sollte uns das erste von vielen Piratenschiffen begegnen. Es stellte sich heraus, dass in keinem polnischen Küstenort ein Piratenschiff und ein Riesenrad fehlen dürfen. Das Riesenrad weckte natürlich Erinnerungen an die Kieler Woche, die wir pünktlich zum Beginn verließen, aber mit den Piratenschiffen und deren seltsamen Ansichten von Segelsetzen konnten wir uns bis zum Ende nicht anfreunden.

Nach kleineren Problemen mit dem Ruder, die aber dank hilfreicher Telefonate nach Kiel geklärt werden konnten, ging es mittags ohne größeres Sightseeing wieder los aus Kolberg. Ziel war Darlowo. Achtung an alle, die auch mal nach Polen segeln wollen: Die Klappbrücke dort öffnet nicht stündlich, wie es in der Karte heißt, sondern zumindest ab halb elf gar nicht mehr. Folge war eine unruhige Nacht im Vorhafen an der Spundwand, die früh wieder beendet wurde, als die ersten Angler kritisch auf uns herunterblickten. Fluchtartig verließen wir, nachdem der Morgennebel verzogen war, diesen Ort und mussten bei kaum Wind auch noch militärische Sperrgebiete umfahren, um nach Ustka zu kommen. Dort konnten wir aber endlich mal auch eine polnische Kleinstadt erkunden, das erste Mal in der Ostsee baden und Piroggi essen. Strand, Stadt und Hafen sind als Zwischenstopp durchaus empfehlenswert, allerdings sollte man für das ordnungsgemäße Abfendern Zeit einplanen. Die Boxen sind nämlich nur für kleinere Boote als unsere gedacht. Gut eingeklemmt verbrachten wir also eine herrlich ruhige Nacht, vor allem im Vergleich zu der davor. Zum Sonnenaufgang wieder los, Danzig wartete schließlich! Ein Tankstopp musste noch in Leba eingelegt werden – dort könnte man beim nächsten Mal ruhig eine Nacht einplanen! Aber wir mussten weiter, erreichten schließlich abends Wladyslawowo nach einem tollen Segeltag mit endlich wieder viel Wind und einem Anlieger. Dort gibt es einen großen Fischereihafen mit kleinem Yachtsteg und keine Toiletten. Aber einen schönen Strand, der die Gelegenheit für ein Morgenbad am nächsten Tag bot! Gut erfrischt (das Wetter war, wie seit Peenemünde eigentlich, herrlich sommerlich) ging es dann weiter um die Halbinsel Hel und in die Danziger Bucht. Wir wurden von vielen Containerschiffen auf Reede empfangen. Die Einfahrt in den Danziger Hafen war zum Glück sehr lang. Überall konnte man spannende Hafenszenen beobachten und Jörn konnte dazu jede Menge erzählen, weil er beruflich auch in der Schifffahrtsszene unterwegs ist. Man konnte Container, Kohle, Holz, Trockendocks und Kräne beobachten. Doch es blieb eine unruhige Erwartung, die erst gelöst wurde, als wir in der Innenstadt endlich das gesuchte Piratenschiff entdeckten. Nachdem wir einen Hafenplatz gefunden und das Boot für die folgenden Hafentage klariert hatten, machten wir uns auf, um Abendessen zu suchen und die Umgebung zu erkunden. Schon an diesem ersten Abend verliebten wir uns in Danzig: die sommerliche Abendstimmung, das geschäftige Treiben und die wunderschöne beleuchtete Innenstadt begeisterten uns sofort. Dieser Eindruck wurde in den nächsten zwei Tagen, als wir uns das Ganze nochmal bei Tageslicht beguckt und sogar eine Stadtführung mitgemacht haben, nur noch verstärkt. Danzig ist auf jeden Fall einen Besuch wert – vielleicht auch zwei oder drei! Die erste Etappe, 486 Meilen in sieben Tagen immer an herrlichen Sandstränden an der polnischen Küste entlang, endete nur mit einem halben Crewwechsel. Weil Till coronabedingt ausfiel, erklärte Jörn sich spontan bereit, uns auch noch auf dem nächsten Schlag nach Klaipeda zu unterstützen. Merle holten wir am Montagabend vom Bahnhof ab und damit konnte die nächste Etappe beginnen.

Das war es für den Moment mit den Neuigkeiten von Bord! Was wir nach Danzig mit Taffi erleben, wird’s hier bald zu lesen geben.

Text: Laura und Sophia Groninger

Fotos: Jörn Groninger