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Regatten

Sturm und Gewitter fegten Segler vom Wasser

Stolz/Reinsberg greifen gemeinsam im 470er an – „Hein Daddel“ könnte zwei Siege feiern

Der Wind in Böen um acht Beaufort und Gewitter trieben den Segelnachwuchs bei den Young Europeans Sailing(YES) vor Kiel-Schilksee am Pfingstsonntag vom Wasser. Nach der ersten Wettfahrt, die bei vier Windstärken und teilweise Sonnenschein noch gesegelt werden konnte, verhinderte eine Gewitterfront weitere Starts. Um 12 Uhr wurden die Wettfahrten abgebrochen. „Es ist eine Nachwuchsregatta, und die Sicherheit steht absolut im Vordergrund“, so der Oberste Wettfahrtleiter, Mandus Freese. Alle zur Verfügung stehenden Schlauch- und Sicherungsboote wurden auf die Bahnen geschickt, um die Aktiven an Land zu ziehen und beim Aufrichten der zahlreichen gekenterten Jollen zu helfen. Bei Luft- und Wassertemperaturen um zehn Grad kühlt der Körper schnell aus. Noch eine Stunde nach dem Abbruch wurden Jollen in den Hafen geschleppt, und Bruch dürfte den Start am selben Tag für viele unmöglich gemacht haben.
An Land wurden Startverschiebung und Warten angekündigt, in der Hoffnung, dass gegen Spätnachmittag die Spätschicht folgen kann, denn zurzeit sind die Klassen mit je zwei bis vier Wettfahrten im Hintertreffen. Insgesamt sind vier Wettfahrten für die Meisterschaft nötig, ab fünf gibt es den Streicher der schlechtesten Wettfahrt. Am Pfingstmontag beenden neun der zehn Klassen die Regatten. Dann sind jeweils zwei, bei den 29ern drei Wettfahrten angesetzt. Für die 420er stehen ebenfalls drei Wettfahrten im Programm, bevor sie am Dienstag mit der Internationalen Deutschen Meisterschaft in die Verlängerung gehen.
Auch für den Pfingstmontag hat Wetterfrosch Meeno Schader (Wetterwelt) ähnliche Bedingungen vorausgesagt. Die YES 2016: das bedeutet anspruchsvolles Segeln.

420er (drei Wettfahrten): Bei der Internationalen Deutschen Meisterschaft der 420er blieb das Spitzenduo in Front: Konstantin Steidle/Tom Lembcke vom Bodensee (4 Punkte), gefolgt von Philipp und Jonas Royla (SK Bayer Uerdingen/5 Punkte). Auf Platz drei schoben sich die Düsseldorferinnen Inga-Marie Hofmann/Henrike Leitl (9) vor die Schweizer Nick Zeltner/Till Seger (10).

Laser Standard (2 W): Max Wilken (Röbeler SV Müritz), der 2012 im Laser 4.7 die YES-Regatten gewann, führt am zweiten Tag nach der zweiten Wettfahrt mit drei Punkten. Dem Nachwuchssegler aus der Jugend-Nationalmannschaft sitzen seine Teamkollegen Philipp Loewe (Berlin) und Nik Aaron Willim (NRV) mit jeweils fünf Punkten im Nacken. Willim (NRV/Schlei-Segel-Club) gehört zu den großen Hoffnungen im Audi Nationalteam. Der Kieler-Woche-Sieg 2012 im Radial, der EM- und WM-Titel U19 im Jahr 2013 sowie die Titel Internationaler Deutscher Meister 2013 und 2014 stehen zu Buche. Die YES-Wertung entspricht auch der Spitze bei der Junioren-IDM.

Laser Radial/W (1W): „Der Wind liegt mir“; so Hannah Anderssohn (Warnemünder SC), die auch die zweite Wettfahrt der YES-Regatten gewann. Etwas mehr Länge und Gewicht sind die Vorteile bei den fünf bis sechs Beaufort gegenüber Svenja Weger aus dem Top-Team der Audi-Nationalmannschaft. Doch so richtig Freude wollte an Land nicht aufkommen. Die Aktiven befürchteten noch eine Annulierung der zweiten Wettfahrt. Auch Svenja Weger war sich im Ziel nicht sicher. Gegen 15.20 dann Gewissheit: Die zweite Wettfahrt der Laser Radial Frauen wurde gecancelt. Ganze zwölf Laser Radial hatten vor dem Sturm und der Gesamtabsage das Ziel erreicht.

470er (4 W): In der olympischen Zweihandklasse führen in der Junioren-Wertung die Rostocker Max Schuberth/Silas Oettinghausen, bei den Frauen Domenique Freund/Annabell Prockat (Berlin). Auf Platz zwei schob sich in der Junioren-Wertung der Frauen ein neues Duo: Constanze Stolz/Anna Reinsberg.
Stolz gehörte zu den hoffnungsvollsten Seglerinnen im Laser Radial. Zum ganz großen Erfolg fehlten jedoch gut zehn Kilogramm an Körpergewicht. Die Konsequenz: Die Düsseldorferin stieg in den 470er um. Die Vorschot bei der 21-jährigen Studentin übernahm Anna Reinsberg vom Warnemünder Segelclub, die sich bereits in der Laser Radial-Fördergruppe Mecklenburg-Vorpommern einen Namen gemacht hat. „Ich habe mich auf meinem sportlichen Weg für eine Abbiegung entschieden. Was aber keinesfalls eine Umleitung, sondern eher eine Überholspur werden soll“, so Stolz. „Ich habe mich 2015 intensiv mit meinem sportlichen Werdegang auseinandergesetzt. Fakt ist: Ich habe im Jugend- und Juniorenbereich viele internationale Erfolge erzielt, über Vize-Welt- und Vize-Europameistertitel bis zur Bronzemedaille bei der Jugendolympiade in Singapur. Aktuell bin ich Deutsche Meisterin 2015 bei den Damen im olympischen Laser Radial“, erklärt die Psychologiestudentin.
Im vergangenen Jahr lag der sportliche Schwerpunkt darin, als 20-Jährige komplett in den Erwachsenenbereich umzusteigen und dort die Perspektive für den Anschluss an die Weltspitze zu finden. Das Ziel: die erfolgreiche Teilnahme an den Olympischen Spielen. Bei Starts an Erwachsenen-Weltmeisterschaften, Europameisterschaften und World Cups kam schnell die Erkenntnis, dass Stolz für den Einsatz bei stärkeren Winden entweder zehn Zentimeter wachsen oder aber mindestens zehn Kilo Gewicht zulegen müsste. Ansonsten ist es in einer Bootsklasse wie dem olympischen Laser Radial, die bei gleichem Rumpf und Segel ausschließlich über den Körper gesegelt wird, sehr schwer, Top-Ten-Ergebnisse bei Weltmeisterschaften zu erreichen.
Da die Wachstumsphase abgeschlossen war, konnte der Erfolg nur über mehr Gewicht erreicht werden. „Die Gewichtszunahme – natürlich nicht durch ‚Schokoladen-Kilos‘, sondern durch Muskelmasse – war mein erklärtes Ziel, für das ich täglich Stunden im Kraftraum geschuftet habe. Langfristig habe ich das Gewicht aber nie halten können. Es passte demnach einfach nicht zu mir“, erkannte Stolz ihre Grenzen. Deshalb habe sie im Laufe des vergangenen Jahres den gut überlegten Entschluss gefasst, die Bootsklasse zu wechseln. „Das Segeln ist für mich ein so faszinierender Sport, dass ich auf keinen Fall darauf verzichten möchte, künftig aber in der olympischen Bootsklasse 470er, das Ziel ‚Olympische Spiele 2020 in Tokio‘ fest vor Augen“, so Stolz. Der 470er passt besser zur körperlichen Konstitution, und als Steuerfrau kann Constanze Stolz die im Laser gewonnenen Erfahrungen bezüglich Taktik, Navigation und Körpergefühl bestens einsetzen.
In der Gesamtwertung der 470er führen nach vier Wettfahrten Frederike Loewe/Anna Marfort vom VSaW Berlin mit sieben Punkten (2,1,2,2).

Europe (4W): In der Europe ziehen bekanntermaßen Janika Puls (Lübecker Yacht-Club) und Sverre Reinke (WV Hemelingen) ihre Bahnen.
Die bekennende Europe-Seglerin, die 2010 für eine Olympiakampagne nur einen kurzen Abstecher in die Elliot machte, erhielt gerade die Goldmedaille der Hansestadt Lübeck für ihre seglerische Leistung 2015 (zweimal Gold). Die 28-Jährige sicherte sich ihre 5. Internationale Deutsche Meisterschaft. Im Lübecker Rathaus überreichten Sportsenatorin Kathrin Weiher und Bürgermeister Bernd Saxe die Auszeichnung.
Die YES-Siegerin von 2014 trifft in Kiel auf den mehrfachen Deutschen Meister Sverre Reinke (WVH). Der Bremer verdrängte Puls im Vorjahr auf Rang drei. Vorjahressieger Fabian Kirchhoff (Herford) tritt nicht zur Titelverteidigung an. Nach vier Wettfahrten führt Reinke (10 Punkte) vor Martin Kotte (Glinde/16 Punkte) und der punktgleichen Puls.
In der Europe geht es in Kiel um mehr als den YES-Titel. Für die Europesegler/innen ist es die dritte und letzte Ausscheidungsregatta zur Jugend-EM, im Senioren-Bereich werden in Kiel die Tickets für die Teilnahme an der WM vergeben.

Pirat (4 W): Mit Svenja Thoroe/Karsten Bredt (Schilkseer YC/Hannoverscher YC) sind die Abonnements-Sieger im Piraten favorisiert und führen nach drei Wettfahrten. Dabei kann sich Vorschoter Bredt kaum aufs Segeln konzentrieren. Der Hannoveraner ist absoluter Fan des Handball-Bundesligisten THW Kiel, der am Pfingstsonntag im Spitzenspiel auf den Regional-Dauerrivalen SG Flensburg-Handewitt traf. Nur der Sieger hat noch eine Chance auf den Titel und/oder den direkten Einzug in die Champions League. „Leider kann ich als Hannoveraner sowieso nicht an eine Einzelkarte kommen“, so Bredt, der an Bord seines Piraten mit dem THW fieberte und die Vorschot für Steuerfrau Svenja Thoroe führte. Wie eng die Verbundenheit ist, zeigt auch der Name des zur YES neu gekauften Piraten. Die neue, fünf Meter lange Knickspant-Jolle wurde auf den Namen „Hein Daddel“ getauft. Und während ihr Namenspate, das THW-Maskottchen, in der Sparkassenarena die Fans des THW Kiel zum unterstützenden Applaus animierte, steuerten Thoroe/Bredt „Hein Daddel“ in Schilksee an die Spitze des Piraten-Feldes. Nach vier Wettfahrten führen sie mit zwei ersten und zwei zweiten Plätzen.

Im 505er (4W) verteidigten Wolfgang Hunger/Holger Jess auch in der vierten Wettfahrt mit dem Tagessieg die Tabellenspitze mit Idealnote vor Leonie und Rolf Meyer. Am Montag fehlt allerdings die Konkurrenz, denn Leonie Marie und Rolf Meyer (NRV) sowie Jan-Philipp Hofmann/Felix Brockerhoff (Düsseldorf) mussten mit Mast aufgeben. „Die beiden sind schon bei mir, damit zur Kieler Woche wieder alles steht“, so Jess.

Dank der Unterstützung der MVK Kiel und der boot Düsseldorf wird ein umfangreiches Rahmenprogramm geboten. Frank Ehlers, Chef der Müllverbrennungsanlage Kiel (MVK), besuchte am Sonntag die YES. „Wir unterstützen vor allem die Jugend. Sport, Fitness und Teamgeist sind Eigenschaften, die der Sport fördert. Und das brauchen wir auch im Berufsleben“, so Ehlers. So unterstützt die MVK den Nachwuchs beim THW Kiel, bei Holstein Kiel, im Landessportverband und beim Segelsport mit der YES. „Jede Stunde Sport ist förderlich und lockt die Jugendlichen vom Computer oder Mobiltelefon“, so Ehlers, der 1998 nach Kiel kam und vom Mitsegler zum Bootseigner wurde. Kurz nach dem Sturm traf der Sponsor die Aktiven an Land, bevor es wieder aufs Wasser ging. Neben dem Regattahaus können dank der boot Düsseldorf Groß und Klein ihre Fahrkünste auf der Skimboardbahn unter Beweis stellen. Weiterhin sorgt die Düsseldorfer Messe dafür, dass die Segler täglich eine umfangreiche Windvorhersage der Wetterwelt GmbH aus Kiel bekommen – ein Service, der für die Segler wichtige Informationen für den Regattatag liefert und die Taktik für den Tag mitbestimmt. Zudem ist die Ch!ll-Out-Zone in der Vaasahalle seit Jahren fester Bestandteil der Jugendveranstaltung. Hier können die Segler in entspannter Atmosphäre bei Musik kostenfrei via W-LAN im Internet surfen und sich die Bilder des Segeltages ansehen.
Zur Stärkung können Besucher und Segler im Hafenvorfeld über die Meile flanieren, die Angebote der Gastronomie genießen oder bei Ausstellern wie Elkline, dem Surfshop Secret Spot oder Fädd Schnäppchen machen.
Am Montag endet das lange Wochenende der Young Europeans Sailing mit den Siegerehrungen der ersten Plätze, betreut von dem erfahrenen KYC-Siegerehrungsteam Elke Necker und Hans-Ludwig Lantzius. Nur die 420er gehen bei Ihrer IDM noch am Dienstag in die Verlängerung.

Termine:

Segeln: Montag, 16. Mai - erster Start um 11 Uhr; letztmöglicher Start um 14 Uhr. Siegerehrung: Montag, 16. Mai, 16 Uhr (geplant) im Hafenvorfeld, bei schlechtem Wetter in der Ch!ll-Out-Zone.
Die ersten sechs Punktplätze jeder Klasse erhalten Punktpreise, zusätzlich werden in den einzelnen Klassen Wanderpreise verliehen.
Die 420er IDM endet am Dienstag, 17. Mai; letzte Startmöglichkeit um 14 Uhr.

Bahn Delta: 505er, 470er, Pirat
Bahn Echo: 420er
Bahn Kilo: Laser Standard, Laser Radial W, Laser Radial M
Bahn Hotel: 29er
Bahn Juliett: Europe, Laser 4.7

Wettfahrten: Geplant sind insgesamt acht Wettfahrten, für die 29er 15 Wettfahrten. Die IDM der 420er dauert bis einschließlich Dienstag, 17. Mai, geplant sind zehn Wettfahrten.