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Fahrtensegeln

Zweimal Gold für das German Sailing Team & neuer J/80-Sieger nach neun Jahren - Kieler Woche 2019

Mit den spektakulären Medal-Races setzte die 125. Kieler Woche den grandiosen Tagen auf der Außenförde die Krone auf. Live im TV konnten die Zuschauer im Olympiazentrum mitverfolgen, wie vehement in den sechs olympischen Disziplinen um Gold, Silber und Bronze gestritten wurde. Grund zum Feiern hatten dabei auch Victoria Jurczok/Anika Lorenz (49erFX) und Phillip Kasüske (Finn), die sich über Kieler Gold freuen durften. Die übrigen vier Kieler-Woche-Goldmedaillen in den olympischen Klassen gingen nach Großbritannien, Neuseeland, Österreich und Schweden.

Phillip Kasüske startete auf einem starken zweiten Gesamtrang in das Medalrace und sicherte sich mit einem dritten Platz den Gesamtsieg der 125. Kieler Woche im Finn. Foto: segel-bilder.de

Victoria Jurczok und Anika Lorenz verteidigten im Medalrace ihren ersten Platz in der Gesamtwertung und dürfen sich verdient über ihren ersten Kieler Woche-Sieg freuen! Foto: segel-bilder.de

Die Diva von Arne Wilcken durchbrach die Siegesserie von Martin Menzner auf Pike Bild: segel-bilder.de

Die Crew von Keith Whittemore gewann nicht nur die J/24-Klasse, sondern auch den Roosevelt-Pokal für den Punktbesten der Kieler Woche. Bild: segel-bilder.de

Nacra 17
Schon der Start ins Rennen sorgte für viel Aufregung. Während das Gros des Feldes auf Backbord-Bug über die Linie rauschte, wählten Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer (Kiel) die gegensätzliche Variante und steuerten sich mit Kurs auf die rechte Bahnseite an die Spitze des Feldes. Pech hatten die Finnen, die in ihrem Start an der Ankerleine des Pin-End-Bootes hängenblieben und damit die Flotte nur noch vor sich hertreiben konnte. Vorn setzten Kohlhoff/Stuhlemmer die Referenzmarke, hatten aber auch immer einen Blick auf die Verfolger. Denn nur die Platzierungen der Österreicher Thomas Zajac/Barbara Matz und der Dänen Lin Cenholt/CP Lübeck entschieden darüber, ob es noch eine Chance auf Gold gab.

Doch dann platzte der Traum vom deutschen Kieler-Woche-Sieg urplötzlich. Beim Versuch, den optimalen Leichtwind-Trimm zu finden, rutschte Alica Stuhlemmer aus dem Trapez und fiel zwischen die Rümpfe. Eine Schrecksekunde, da die scharfen Foilkanten für schwere Verletzungen sorgen können. Doch Alica Stuhlemmer konnte wieder an Bord klettern, das Team weitersegeln. Der Medaillenzug war damit aber abgefahren. Gold sicherten sich schließlich Zajac/Matz, denen der vierte Platz reichte, um die Spitzenposition zu verteidigen.

Der Jubel an Bord der Österreicher war riesig: „Die Kieler Woche zu gewinnen, ist ein Mega-Ding für uns. Es war wahnsinnig spannend. Ich habe die Babsi die ganze Zeit angefeuert und sie hat einen Super-Job gemacht“, feierte sich Zajac und seine Vorschoterin. Auf den weiteren Medaillenrängen landeten sschließlich die Italiener Vittorio Bissaro/Maelle Frascari und die Dänen Lin Cenholt/CP Lübeck. Kohlhoff/Stuhlemmer mussten mit Platz vier vorlieb nehmen, Johannes Polgar/Carolina Werner (Hamburg/Kiel) wurden Zehnte.

Finn Dinghy
Anders als bei den Nacras durfte sich das German Sailing Team, die deutsche Nationalmannschaft, noch über Gold bei den Finns freuen. Phillip Kasüske (Berlin) war als Zweiter in das Medal-Race gestartet und kämpfte dort intensiv um seine Goldchance. Während er sich über fast den gesamten Rennverlauf in den Top-Five aufhielt und mit der letzten Tonnenrundung sogar noch auf den dritten Platz bis ins Ziel vorsegelte, musste der zuletzt so stark agierende Kroate Milan Vujasinovic einen schweren Rückschlag hinnehmen: „Ich bin vor dem Start im Match-Race-Modus gegen ihn gesegelt. Er hat dann einen Penalty kassiert“, berichtete Kasüske von seinen taktischen Winkelzügen.

Vujasinovic ging mit Verspätung ins Rennen, war an der ersten Bahnmarke Letzter des zehnköpfigen Finalfeldes. Davon konnte sich nicht mehr entscheidend befreien und rutschte als Vorletzter des Medal-Races noch auf Rang vier im Gesamtranking ab. Kasüske sicherte dem deutschen Team die Goldmedaille, Ondrej Teply (Tschechien) wurde Zweiter, der Australier Jake Lilley Dritter. „Es war bis zum Ziel noch spannend, denn ich durfte nicht zu viel auf Lilley und Teply verlieren. Aber mit Platz drei war alles klar“, so Kasüske.

49er FX
Mit einem Sechs-Punkte-Vorsprung gingen Victoria Jurczok/Anika Lorenz (Berlin) in das Finale, und das versetzte die Olympia-Teilnehmerinnen von 2016 in die Lage, mit einer konservativen Verteidigungstaktik das Feld im Auge zu behalten. Aus der Mitte der Startlinie heraus gingen sie in das Rennen, segelten sich dann zügig in den freien Wind und spielten ihren guten Bootsspeed aus, um schließlich in den Top-Drei die erste Bahnmarke zu runden. Da sie die Niederländerinnen Willemijn Offerman/Elise de Ruijter im Kielwasser hatten, waren Jurczok/Lorenz in der komfortablen Situation, einen Angriff auf Gold jederzeit kontern zu können. Souverän kontrollierten die Deutschen zunächst das Geschehen, leisteten sich dann aber das Risiko Offerman/de Ruijter aus den Augen zu lassen. An der zweiten Luvmarke schien dennoch alles klar.

Doch auf dem letzten Weg ins Ziel wurde es noch einmal spannend. An der Spitze segelte die Dänen Anne-Julie Schütt/Iben Nielsby, dahinter gab es ein Fotofinish von drei Booten. Das verloren Jurczok/Lorenz zwar gegen Offerman/de Ruijter und auch noch Tina Lutz/Susann Beucke (Chiemsee/Strande), doch Platz vier reichte zum Gold. „Wir freuen uns riesig. Ein Medal-Race ist mental immer anstrengend. Eigentlich wollten wir noch eine Top-Drei-Platzierung einfahren. Aber jetzt sind wir glücklich, dass es mit dem Kieler-Woche-Sieg geklappt hat“, sagte Steuerfrau Victoria Jurczok, und Anika Lorenz ergänzte: „Es war ein cooles Rennen!“ Neben dem Gold für Jurczok Lorenz ging Silber an die Niederlande (Offerman/de Ruijter) und Bronze nach Dänemark (Schütt/Nielsby).

49er
Dass die Medaillenvergabe bei den 49ern ohne die in der Saison bisher so starken deutschen Teams verlaufen würde, war bereits vor dem Finale weitgehend klar. Als dann die einzigen GER-Teilnehmer am Medal-Race, Tim Fischer/Fabian Graf (Hamburg/Berlin), an der ersten Bahnmarke nur Zehnter waren, ging der Fokus der Zuschauer auf die internationalen Teams. Nur Beobachter am Rande waren ausgerechnet auf ihrem Heimrevier die Kieler Justus Schmidt/Max Boehme. „Wir haben vor der Kieler Woche vor allem Speed-Vergleiche mit internationalen Teams gemacht. Dass das zu Lasten der Rennperformance gehen würde, wussten wir. Dass wir dann aber solch eine Schelle bekommen würden, war schon krass“, so Schmidt nach dem 22. Platz. Nicht nach Plan verlief allerdings auch der Auftritt der Olympiasieger von 2016, Peter Burling/Blair Tuke (Neuseeland). Die Superstars beendeten die Kieler Woche lediglich auf dem 5. Rang. Gold ging an ihre Landsleute Logan Dunning-Beck/Oscar Gunn, Silber gewannen die Polen Lukasz Przybytek/Pawel Kolodzinski, Bronze das britische Team James Peters/Fynn Sterritt.
 
Laser Radial Frauen
Bei den Frauen der olympischen Einhand-Klasse bestätigte das Medal-Race die vorherige Top-Position der Schwedin Josefin Olsson noch einmal eindrucksvoll. Mit der ersten Wettfahrt am Mittwoch lag die Stockholmerin an der Spitze, gab diesen Platz nie ab und war auch im Medal-Race die Schnellste. Damit war die Gold-Vergabe eine klare Sache. Dahinter gab es allerdings noch einen Wechsel. Die Japanerin Manami Doi rutschte durch den zweiten Platz im finalen Rennen noch auf den Silberrang, die Finnin Tuula Tenkanen musste daher mit Bronze zufrieden sein. Die Kielerin Svenja Weger segelte im Medal-Race im Mittelfeld, wurde insgesamt Sechste. Pia Kuhlmann (Schaumburg-Lippe) landete auf Platz zehn.

Laser Standard Männer
Der Brite Jack Cookson liefert zwar nur ein mittleres Finale ab, aber sein Vorsprung auf die Konkurrenz war groß genug, dass die Goldmedaille nicht mehr in Gefahr geriet. Er wird zur Siegerehrung am Nachmittag auf der obersten Stufe des Siegerpodestes stehen. Neben ihm gruppieren sich der Schwede Wilhelm Kark auf Rang zwei und Daniel Whiteley (ebenfalls Großbritannien). Der Berliner Nico Naujock wurde in einem Laser-Feld, bei dem die absoluten Top-Segler wegen der nahen WM fehlten, Siebter.

J/80
„Wir freuen uns und sind erleichtert, dass es mit dem Sieg geklappt hat“, sagte Arne Wilcken (Kiel), der mit seiner J/80-Crew auf der „Diva“ den Kieler-Woche-Dauersieger Martin Menzner („Pike“/Kiel) mit bisher neun Siegen in Folge vom Thron gestoßen hat.  Am letzten Tag hatten es sich Wilcken und Crew mit zwei Fehlstarts noch einmal schwer gemacht. „Den zweiten kann ich allerdings nicht nachvollziehen“, erklärte Wilcken. „Wir dachten, dass wir das nach den vier Tagen, in denen wir konstant vorne gesegelt sind, locker schaffen, aber so ist es noch einmal eng geworden.“ Vor vier Jahren sind sie neu in die Klasse gekommen, haben sich nach oben gearbeitet und nun sei es schön, ganz oben angekommen zu sein. Martin Menzner wurde hinter Torsten Voss („Frida“/Flensburg) Dritter. „Heute war ein genialer Tag“, freute sich auch Carsten Kemmling (Hamburg) über den Sieg bei den J/70. Am Morgen hatten sie noch fünf Punkte hinter den Führenden auf dem dritten Rang gelegen. „Uns war klar, dass wir noch gute Chancen haben, da bei starkem Wind noch mal alles durcheinender gemischt wird“, erklärte Kemmling. „Wir hatten guten Druck auf dem Wasser, die ersten beiden Rennen waren gut kontrollierbar, am Ende waren wir dann am Limit und auch über dem Limit“, sprach er den auffrischenden Wind an. Im letzten Rennen duellierte er sich mit dem Zweitplatzierten Philipp Bruhns („Mezzoforte“/Berlin). „Aber es war viel zu viel Wind, um sich noch gegenseitig zu kontrollieren.“

Siegreich vom ersten bis zum letzten Tag war die J/24 Crew der „Furio“ aus Seattle. Steuermann Keith Whittemore war von den Bedingungen begeistert. „Es ist unglaublich.“ Die Kieler Woche wollten sie zur Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft nutzen und haben nicht nur gezeigt, dass sie ein bestens aufeinander abgestimmtes Team bilden sondern auch, dass sie gewinnen können. Sieben von elf Rennen konnten sie gewinnen und sicherten sich so auch den Gesamtsieg. Als bestes deutsches Team sicherte sich Frithjof Schade (Berlin) mit der „JJone“ den dritten Rang.

Für die 420er war die Kieler Woche gleichzeitig der Abschluss des Eurosaf Circuit. Allerdings hatten die Meldezahlen unter der eigenen Termindichte bei den 420er mit parallel laufender Europameisterschaft und Weltmeisterschaft in nächster Nähe gelitten. Daher wählten einige Teams die Zeit zur eigenen Vorbereitung und waren nicht nach Kiel gekommen. Theresa Steinlein/Jonas Royla (Bayerischer YC) sicherten sich den Silberrang im Gesamtklassement hinter Patryk Kosmalski/Tomasz Lewandowski (Polen).