Navigation und Service

Ausbildung

Altbekanntes neu entdeckt in Dänemark.

Kiel / Ostsee. Auch in der zweiten Woche der Alfried-Sommerreise geht es von Insel zu Insel. Deetje Bruhn berichtet von ihrer ersten Sommerreise mit der Schulungsgruppe.

Brejning 04.07.2021 (c) Kristina Schröder

Brejning (c) Kristina Schröder

Bagö (c) Kristina Schröder

Kleiner Belt (c) Kristina Schröder

Lyö (c) Kristina Schröder

4. Juli: Snaptun - Brejning
Nach dem fröhlichen Empfang am Abend vorher und dem Einrummeln an Bord, bin ich nun sehr gespannt, nach mehr als 10 Jahren Pause wieder einmal die Dänische Südsee zu erkunden. Was für ein Glück, dass die Möglichkeiten schier endlos sind - so eine wunderbare Auswahl an Eilanden und Häfen! 
Schon gestern Abend zeigte uns die Vorhersage für unsere Weiterfahrt sehr wenig Wind bis mittags, daher begann der erste Tag an Bord entspannt mit Ausschlafen und einem ausgiebigen Frühstück. Sodann entschieden wir uns, mit der kleinen Fähre (in den Sommermonaten für Fußgänger kostenlos) auf das in Sichtweite liegende Hjarnø überzusetzen. Die malerische Mini-Insel empfängt uns mit gartenfrischen Erdbeeren am bekannten Selbstbedienungstresen am Straßenrand, einer süßen, typischen weißen dänischen Dorfkirche mitsamt Sonntagsläuten und Pfarrer mit Halskrause. Aufgrund des ansässigen Campingplatzes findet man auch mehrere kleine Kioske verstreut auf der Insel, die einem zum Eis oder Kaffee einladen und, man höre und staune, sogar einen Weinberg! Beim Spaziergang um die südliche Odde lassen wir die Wikingergräber aus in Schiffform gesetzten Steinen links liegen und kehren mit einem Blick auf die vielfältige Vogelwelt im Bogen zur Fähre zurück. 
Nun ist es Zeit, die Segel zu setzen! Noch steht die Frage Juelsminde oder Brejning, doch anscheinend war unser Opfer guten Ports Rasmus genehm: Bei Sonnenschein trägt uns eine ruhige, verlässliche östliche Brise bis in den Vejle-Fjord, wo wir im goldenen Abendlicht den in wunderschöner Landschaft gelegenen Rundhafen von Brejning anlaufen. Für Gäste gibt es einen runden Molenkopf, der neben leichtem Landzugang dennoch Privatsphäre zwischen den Booten bietet. Mit Blick auf den farbprächtigen Sonnenuntergang lassen wir uns Pellkartoffeln mit Senf- und Karry-Sild schmecken. Am tiefblauen Nachthimmel erscheinen zu später Stunde leuchtende Nachtwolken, die uns ein mystisches Naturschauspiel bieten. 


5. Juli: Brejning - Bågø
Heute liegt eine reizvolle, da abwechslungsreiche Strecke vor uns. Zunächst scheint uns Rasmus weiter gewogen, so starten wir unter Segeln und kreuzen aus dem Vejle-Fjord. Bald haben wir die Kasser-Odde umrundet. Leider dreht der Wind mit und auf der Kreuz müssen wir ein Reff einbinden.
Zwischen der neuen und alten Lillebelt-Brücke ereilt uns dann ein Wetterumschwung. Dunkle Wolken ballen sich auf, es gießt wie aus Kannen und wir liegen mit Gegenstrom quasi auf der Stelle. Das gibt uns zumindest die Gelegenheit, diese beeindruckenden Bauwerke aus ungewohnter Perspektive genauer zu betrachten, bevor wir für die nächsten 1,5 Stunden den Motor zur Hilfe nehmen.  War unser Tagesziel doch zu ambitioniert? Nun also Kursfahren unter Motor gegen den Strom. Stark wechselnde Abweichungen positiv und negativ zwischen Magnetkompass und GPS verwundern uns rund um Middelfahrt, über die Ursache können wir nur rätseln. 
Gegen 17 Uhr aber frischt es wieder auf, wir machen gute Fahrt, nähern uns Assens. Die Ansteuerung Bågøs bei westlichen Winden erfolgt dann unter Motor, direkt hinein in den Sonnenuntergang. Ein langer Schlag heute, aber viel erlebt und viel Segeln! So sinken wir zufrieden in unsere Kojen. 


6. Juli: Hafentag auf Bågø
Für uns ist heute zu viel Wind, daher schieben wir einen Hafentag ein. Vielfältige Wanderwege und eine landschaftlich abwechslungsreiche Insel mit Noor, Wäldchen, wogenden, goldgelben Getreidefeldern, Steilküste, Kies- und Sandstrand und sehr fotogenem Leuchttürmchen in Hafennähe laden uns zur Erkundung ein. Für die Bordküche zu erwähnen auch die Direktvermarktung des Fleischs örtlich gehaltener Galloways im Hafenkiosk, dem Dreh - und Angelpunkt für wartende Fährpassagiere und Fadøl-liebende Segler. Drohende Gewitter ziehen zwar immer wieder heran, wir bleiben aber unbehelligt. Nachmittags wird dem unwilligen Reff 2 auf den Leib gerückt. Den verusachenden defekten Block können wir glücklicherweise mit einem unserer Spi-Blöcke tauschen, den wir bei den voraussichtlichen Winden sowieso nicht mehr nutzen können werden. So sind wir bereit für den nächsten Segeltag.
  
7. Juli: Bågø - Faldsled
Bei südlichen Winden verlassen wir den kleinen Hafen und kreuzen gen Faldsled. Das reparierte Reff wird gleich ausprobiert. Rasmus wird dieses Mal mit Met besänftigt. Der Wind bleibt auch verlässlich, nur das Reff klemmt sich wieder fest. Wir kommen dennoch zügig voran und laufen rechtzeitig vor den angekündigten Gewitterschauern in den kleinen, gemütlichen Hafen ein. Der „Hafengrill“ vor Ort scheint eine lokale Berühmtheit zu sein. Regionalproduziertes Fadøl und selbstgemachte Lammburger locken die Gäste. Wir trinken dort kurzentschlossen einen zweiten Anleger. Besorgt beobachten wir dabei die Unwetterwarnungen für Norddeutschland. Ein Ausläufer streift auch uns. Mit den ersten schweren Tropfen sind wir zurück am Boot und wettern den heftigen Schauer mit Böen von bis zu 25kn gemütlich ab. Die klare Abendluft nach dem Regen bringt einen weiteren bezaubernden Sonnenuntergang aber leider das erste Mal auch Mücken… 


8. Juli: Faldsled - Lyø
Heute ist kaum Wind. Ein Teil der Crew trampt zum Einkauf ins nahegelegene Dorf. Der Motor wird überprüft. Er glänzt von überschüssigem Getriebeöl. Das lässt sich zum Glück leicht beheben.
Die enge Ausfahrt von Faldsled nehmen wir unter Motor und lassen ihn gleich an. Ziel ist Lyø, das wir nach 2,5 Stunden und 10sm unkompliziert erreichen. Ein befreundetes Boot liegt bereits dort. Der Hafen ist schon rappelvoll, aber zum Glück wurde für uns schon ein Platz reserviert. In Absprache mit einem regionalen Fischer dürfen wir sein Bötchen etwas zur Seite schieben und mit in die Box. So kommen auch im Laufe des Tages noch viele weitere Boote im eigentlich schon randvollen Hafen unter. Hier gibt es übrigens noch keinen Automaten für die Hafengebühren. Der Hafenmeister kommt noch persönlich vorbei, kassiert und gibt das Bändsel aus. 
Es ist wirklich sehr warm, wir gehen baden. Eine gemütliche Atmosphäre verbreitet sich, verschiedenste Grillvarianten - bis hin zum Pizzaofen - reihen sich am Ufer auf und verwöhnen unsere Nasen. Wir tafeln mit Spaghetti Bolognese und unserem Gast. Das Farbenspiel zum Sonnenuntergang ist erneut beeindruckend.


9. Juli: Hafentag in Lyø
Am nächsten Tag ist kein Wind, daher bleiben wir in diesem entspannten Hafen. Die Alternative, unter Motor schon ein wenig Strecke gen Süden zu machen, um den Schlag am Sonnabend nach Kiel zu verkürzen, verwerfen wir im Vertrauen auf die seit mehreren Tagen konstant gute Vorhersage von stabilen westlichen Winden für unseren Rückfahrttag und weil es uns hier einfach auch so gut gefällt.
Am Vormittag beobachten wir eine hohe Wechselquote bei den Booten im Hafen. Fast jeder Platz, der frei wird, ist nach kurzer Zeit wieder besetzt. Wir nutzen das Gewusel und legen uns um in die erste Reihe in Richtung Sonnenuntergang. Wir „mieten“ uns Fahrräder am Hafen (ein Briefkasten ist die Kasse) und starten eine Sightseeingtour über die Insel. Vom Südstrand geht´s über den Klokkesten, ein Dolmen, dessen Deckstein einen glockenartigen Ton abgibt, wenn man ihn mit einem anderen Stein anschlägt, bis ganz in den Norden ins Vogelschutzgebiet mit Blick auf die Thor Heyerdahl, die auch hier vor Anker gegangen ist. Nach der Tour schmecken uns Jersey-Burger vom Inselrind und Hotdogs am Hafenimbiss. Leider gibt es dort nur noch genau einen Becher Fadøl, die anderen müssen mit Flaschenbier vorliebnehmen… Vor dem Feierabend wird noch das defekte Reff begutachtet: Der Ersatzblock ist seitlich gebrochen. Provisorium zum Umlenken wird ein Schäkel. Wir hoffen, es nicht nutzen zu müssen.
Wir freuen uns auf den letzten dänischen Sonnenuntergang dieser Fahrt und werden nicht enttäuscht: Den ganzen Himmel entflammend versinkt sie am Horizont.


10. Juli: Lyø-Kiel
Unser letzter Tag bricht an und es ist wie erhofft noch einmal richtig geiles Segelwetter!! Um 9:20 sind die Leinen los. „Heiß vor Groß!“ Auf Halbwindkurs bei NW mit einem Reff und der Fock fliegen wir quasi Kiel entgegen. Stunden vergehen im Flug, die Meilen nach Kiel schnurren zusammen. Mit durchschnittlich über 7 kn, lange Strecken über 8kn, zeigt die Alfried nochmal so richtig, was sie kann! Bereits 14:40 liegt der Kieler Leuchtturm querab, 16:20 machen wir fest in Düsternbrook. Der Heimathafen hat uns wieder nach 329sm und 14 ereignisreichen, wunderschönen Tagen in der dänischen Südsee, die, wie wir wieder einmal feststellen konnten, immer Neues entdecken lässt, und meiner Meinung nach den Vergleich mit ihrer Namensgeberin nicht zu scheuen braucht.