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Ausbildung

Eine Sommerreise auf den Spuren der Hanse

Kiel/ Ostsee. Der Sommer nimmt seinen Lauf, die Hälfte der Saison ist rum. Die Schulungsgruppe hat die ersten Monate für Tagessegeln, Wochenendtörns und erste Reisen genutzt. Die Arndt ersegelte Ende Juni mit einer kleinen netten Crew die Inseln Møn, Bornholm und Rügen und erkundete drei Hansestädte. Klaus Reese berichtet:

Arndt vor Rügen. (c) Matthias Kähler 07/21

(c) Matthias Kähler 07/21

(c) Matthias Kähler 07/21

Am Samstag, 26.06.2021, startete die erste Sommerreise der Arndt mit Skipper Dieter Simmat, Karin Gude, Matthias Kähler, Maren Schmitz-Assmann, Uli Wadephul und mir, Klaus Reese, als Co-Skipper. 

Erste Etappe bei wenig Wind nach Møn
Mangels Wind ging es zunächst unter Motor nach Strande zum Auftanken der Arndt und dann weiter in Richtung Fehmarnbelt. Es erfolgte eine umfangreiche Sicherheitseinweisung der Crew. Wir sind wirklich in alle Ecken und Winkel der Arndt gekrochen, um zu zeigen, wo was ist, wo sich welche Feuerlöscher für welchen Zweck befinden, wo welche Absperrventile sind, wie der Motor funktioniert und die Elektrik und was in welcher Situation wer zu tun hat (Notrollen). 
Trotz nur mäßigem Wind setzten wir um 16:40 Uhr Segel und fuhren ab 17:15 Uhr unter Spi, der dann um 22:00 Uhr heruntergenommen und gegen die G1 getauscht wurde. Da hatten wir schon in den Wachmodus gewechselt. Nachts hatten wir noch Funkkontakt mit der Zukunft, die sich hinter uns auf den Weg gemacht hatte und ebenfalls Richtung Bornholm wollte – später aber, wie wir erfuhren, nach Kopenhagen abgedreht ist. Mangels Wind musste nachts motort werden, aber um 03:30 Uhr frischte der Wind auf und die G1 konnte gesetzt werden. In den frühen Morgenstunden entschlossen wir uns aufgrund abflauender Winde nicht direkt nach Bornholm zu segeln, sondern stattdessen Klintholm auf Møn anzulaufen, wo wir um 09:20 Uhr festmachen konnten. Bis dahin hatten wir immerhin 108 sm zurückgelegt. 
Den Sonntag verbrachten wir damit, uns den überschaubaren Ort anzusehen, etwas einzukaufen, auszuruhen und Maren und Karin gingen dann an den Strand, während Dieter, Uli, Matthias und ich uns Fahrräder mieteten und zu den Kreidefelsen radelten. Die sind dort tatsächlich 160m hoch, so dass die Anfahrt ohne Elektroantrieb bei mäßigem Wind nicht ganz unanstrengend war. Der Abstieg zum Strand erfolgte über mehr als 500 Stufen, aber der Blick auf die Kreidefelsen vom Strand aus entschädigte für alles. Wir schlenderten am Strand entlang bis zur nächsten Treppenanlage in etwa 3 km Entfernung und dort habe ich die Treppenstufen gezählt, die wir erklimmen mussten. Alleine die Treppe zählte 486 Stufen. Dann kamen durch den Wald noch weitere Stufen nach oben, so dass wir über 500 Stufen zu bewältigen hatten. Wir sind den Steilküstenweg zurückgegangen und wurden durch einen phantastischen Blick auf die Kreidefelsen und auf die Ostsee für die Anstrengung entschädigt. 

Weiter nach Bornholm
Am Montag legten wir um 10:30 Uhr ab und fuhren unter Motor zu den Kreidefelsen. Dort wurde das Schlauchboot zu Wasser gelassen und wir haben eine paar Fotos von der Arndt vor den Klippen gemacht. Leider ergab sich kein segelbarer Wind, so dass wir in Richtung Bornholm, unserem nächsten Ziel, motoren mussten. Erst um 16:35 Uhr frischte der Wind auf 10 kn auf und wir konnten unter Groß und G1 unsere Reise fortsetzen. Um 21:00 Uhr war dann das Segeln zu Ende und wir fuhren unter Motor weiter, und zwar im Bereich der Verkehrstrennungsgebiete der Kadettrinne. Schön, dass es AIS an Bord der Arndt gibt, so konnten wir beobachten, welche Schiffe von wo kommend nach wo gehend mit welchem Kurs die Trennungsgebiete durchlaufen. Wir fuhren in die Zone zwischen den beiden Verkehrstrennungsgebieten ein und manövrierten vorsichtig, um den durchgehenden Schiffsverkehr nicht zu behindern. Was für eine tolle Nacht. Als wir am Dienstag nachts um ca. 01:00 Uhr auf den Hafen Hasle auf Bornholm zuliefen, ging über Bornholm und über Hasle der Vollmond auf. Schräg versetzt dazu war Saturn zu sehen. Ein tolles Bild, das uns bis zum Anlegen um 01:30 Uhr begleitete. 
Der Dienstag war wieder ein Hafentag. Wir fuhren mit dem Bus zur Festung Hammershus und machten dort nicht nur den Rundweg, sondern gingen auch zum Opalsee und sahen dort den Leuten zu, die sich an einem Drahtseil über die Schlucht herunterließen, um dann am anderen Ufer im Wasser zu landen. Ein tolles Spektakel. Die notwendige Wartezeit auf den Bus zurück nach Hasle verbrachten wir an einem Kiosk, wo wir endlich unseren Durst löschen konnten. 

Rolling Cloud auf dem Weg nach Rügen
Am Mittwoch verließen wir Hasle um 09:20 Uhr in Richtung Rügen bei bedecktem Himmel. Der Wetterbericht hatte Winde zwischen 3 und 5 Beaufort aus wechselnden Richtungen vorausgesagt. Das kam auch so. Die G1 wurde gegen die G3 gewechselt, das Groß gerefft, später wieder ausgerefft und wieder gerefft. Ab 15:00 Uhr fuhren wir dann auf ein besonderes Ereignis zu. Wir sahen eine „Rolling Cloud“, d. h. eine Wolke, die etwa 20 bis 30 km breit ist und in einer Schicht von 1,5 km Höhe beginnt und bei ca. 2,5 km endet und wie eine Rolle ausgebildet ist. Unten war sie ausgefranst. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt 25 kn Wind, waren alle selbstverständlich eingepickt, denn als wir uns diesem Phänomen näherten, wussten wir noch nicht, was eine Rolling Cloud ist und mussten befürchten, dass es sich um einen Böenkragen handelt. Das Ganze war dann doch nicht so spektakulär. Unter der Wolke ergab sich eine Winddrehung um ca. 30° und eine Windzunahme auf 28-30 kn, hinter der Wolke flaute es allerdings wieder ab. Trotzdem war das schon ein Ereignis, das wir nicht vergessen werden. Man weiß ja nicht, was auf einen zukommt und erst im nächsten Hafen konnten wir das Phänomen dank Google näher analysieren. 
Unser erster Hafen auf Rügen war Saßnitz, wo wir um 19:40 Uhr anlegten, um anschließend im Restaurant „Gastmahl des Meeres“ ein hervorragendes Fischessen zu genießen. Ich kenne viele, die Saßnitz als Hafen nicht mögen. Bei mir ist das anders. Man findet dort immer einen guten Liegeplatz, die sanitären Anlagen sind hervorragend geworden, das Essen in diesem Restaurant ist Spitzenklasse und im Ort oben kann man gut einkaufen, was wir am nächsten Tag, dem Donnerstag als Hafentag, auch machten. Selbstverständlich gab es auch einen Spaziergang zu den Kreidefelsen, aber nicht so ausgedehnt. Ansonsten konnten wir uns etwas sortieren und haben in einem Fischladen, der aus „der guten alten Zeit“ übrig geblieben war, hervorragenden Räucherfisch eingekauft und uns abends ein ganz tolles Essen bereitet. 
Am Freitag, 02.07.2021, verließen wir Saßnitz und segelten bei Winden zwischen 
14-21 kn nach Lauterbach, wo wir um 14:30 Uhr anlegen konnten. Ein toller Törn bei nicht mehr ganz so bedecktem Himmel. In Lauterbach trafen wir Christine und Klaus Kalkreuth, die mit ihrem neuen Schiff unterwegs waren, und verbrachten einen Abend zusammen an Bord der Arndt. In Lauterbach sollte man immer in den Jaichhafen gehen und nicht in den alten Fischereihafen. Der Steg dort gehört auch zur Jaich, aber man braucht zu den Toiletten und Duschen 10 min. Fußweg. Das werden wir nächstes Mal besser machen. 

Unterstützung der Seenotretter und die erste Hansestadt
Am Samstag legten wir um 11:25 Uhr bei relativ bedecktem Himmel in Lauterbach ab und fuhren mit gerefftem Groß und G3 in Richtung Stralsund. Um 12:55 Uhr bekamen wir einen Anruf von Bremen Rescue mit der Bitte, uns an einer Suche nach einem havarierten Segler zu beteiligen, der einen Notruf abgesetzt hatte und wohl auf Grund gelaufen war und dadurch einen Wassereinbruch im Schiff hatte. Selbstverständlich wurden sofort die Segel geborgen und wir liefen zu der uns zugewiesenen Stelle. Dort war allerdings niemand, so dass wir mit einer ebenfalls herbeigerufenen Segelyacht Medea die Suche koordinierten bis der Seenotrettungskreuzer kam und wir dann Richtung Stralsund unsere Fahrt fortsetzen durften. Der Havarist hatte sein Leck notdürftig gestopft und einen Hafen angelaufen, sich aber wohl erst etwas verspätet bei Bremen Rescue zurückgemeldet. Wir schafften es noch unter der Brücke in Stralsund hindurch zu kommen und konnten in dem wunderschönen Hafen an Steg 8 – also direkt bei den sanitären Anlagen – um 16:10 Uhr festmachen. Am Abend gab es das Kapitänsdinner in einem alten Kellergewölbe in Stralsund. Zuvor hatten wir bereits die Altstadt erkundet, was wir am Sonntagvormittag noch fortsetzten. Wir brachten unsere Crewmitglieder Matthias und Karin zum Zug, denn sie fuhren an diesem Tag nach Hause. Wir anderen sahen uns die Altstadt noch genauer an. Der Blick vom Kirchturm, den wir auf engen und unzähligen Stufen erklimmen mussten, war wunderschön, aber noch einmal werde ich diese Strapaze nicht auf mich nehmen. 

Rostock ist das nächste Ziel nach einer Gewitterfahrt
Am Montag verließen wir die erste Hansestadt Stralsund und liefen aus Richtung Hansestadt Rostock, besser gesagt nach Warnemünde. Wir brachen früh um 07:00 Uhr auf und nahmen das Frühstück während der Motorfahrt durch den Strelasund zu uns bis wir dann querab Hiddensee Segel setzen konnten bei Wind um 10-17 kn. Wir segelten direkt in eine riesige Gewitterfront, hatten gehofft, dass das Gewitter an uns vorbeizieht, wurden aber dann doch von einem Ausläufer erwischt. Innerhalb von zehn Minuten drehte der Wind von 110° auf 240°, hatten wir Starkregen im Gewitter und später eine Winddrehung auf 330°. Nach dem Gewitter nahm der Wind ab, so dass wir ab 13:30 Uhr motoren mussten und um 17:50 Uhr in Warnemünde in der Marina „Hohe Düne“ unseren vom Hafenmeister per Telefon zugewiesenen Platz an Steg 7 einnehmen konnten. Die „Hohe Düne“ ist ein schöner Hafen, in der Rezeption fühlt man sich wie in einem First-Class-Hotel, nur dass man dort netterweise auch Brötchen und andere Kleinigkeiten erwerben kann. In Warnemünde war Warnemünder Woche. Trotzdem war da nichts los. Wir genossen am Strand einen wunderschönen Sonnenuntergang, nachdem wir unser Abendessen an Bord bereitet hatten. 

Sightseeing und Fußball in Wismar
Am Dienstag segelten wir bei bedecktem Himmel von Warnemünde zur Hansestadt Wismar, wo wir um 15:30 Uhr anlegen konnten. Uns wurde ein Liegeplatz im Wasserwanderhafen – also im alten Industriehafen ganz hinten – zugewiesen. Dort war es zwar extrem laut, aber dafür war es nah zur Altstadt. Die haben wir auch sofort erkundet. Für den Abend fanden wir am Hafen ein Bistro, das Public Viewing für die Fußball-Europameisterschaft bot, so dass wir das erste Halbfinale dort sehen konnten. Die Stimmung war toll. Auch am Mittwoch sind wir in Wismar geblieben, denn die Altstadt ist so schön, dass man sie sich wirklich genauer ansehen muss. Hier war die Sonne wieder über uns und wir haben abends das zweite Halbfinalspiel angesehen. Als Dänemark das Tor geschossen hat, hielt es niemand mehr auf seinem Stuhl, alle jubelten. Das wurde dann ja im Verlauf des Spieles leider anders, als der Torwart Schmeichel der Dänen zwar gut gehalten hat, aber seine Vorleute die 11er verschossen haben, so dass Dänemark ausschied. 

Letzter Stopp Heiligenhafen
Für uns ging es am Donnerstag um 08:00 Uhr weiter bei bedecktem Himmel und mäßigen Winden aus Süd-Ost bis Ost. Auch der zwischenzeitlich gesetzte Spi brachte uns nicht richtig voran, aber immerhin frischte der Wind so weit auf, dass wir unter G1 und Groß unter der Fehmarnsundbrücke hindurch segeln konnten. Wir hatten uns entschlossen, nach Heiligenhafen zu gehen und nicht die Insel Fehmarn anzulaufen. In Heiligenhafen kann man über das Internet einen Platz buchen und der einzige Platz, der für uns in etwa infrage kam, war an Steg 8 Platz 33. Der Platz ist 13,5 m lang und 4,12 m breit – also doch recht eng für unsere Arndt. Nach dem Anlegen um 16:15 Uhr machten wir Spaziergänge, bereiteten ein Essen vor und abends gab es am Strand Cocktails bei einer lauen Sommernacht. 
Die letzte Etappe begann am Freitag, 09.07.2021, um 09:30 Uhr, wo wir bei nord-westlichen Winden zumindest bis 11:30 Uhr segeln konnten. Danach war der Wind weg, so dass wir unter Motor um 15:30 Uhr in Düsternbrook einliefen. 
Die gesamte Reise war 482 sm lang. Wir haben uns alle sehr gut verstanden und insbesondere Matthias, Uli und Maren haben sehr viel dazugelernt. Die Arndt ist eben doch ein etwas komplizierteres Schiff als die Elans es sind. Dieter, Karin, Uli und ich werden im September noch einmal ablegen, dann aber mit Sicherheit mit dickeren Schlafsäcken als bei unserer ersten Sommerreise. 

Bericht Klaus Reese