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Ausbildung

Segeln, Stadtgetümmel, Schärenlandschaften und Sonnenschein

Oslo, Norwegen: So hieß das Ziel der zweiten Kuhreise diesen Sommer. Merle Sophie Rickers berichtet von ereignisreichen 1050 Seemeilen: Da sich unsere Tour terminlich mit dem Blue Ribbon Cup überschnitt, wollten wir als Crew, zusammen mit zwei weiteren Yachtschülern, die Hinregatta nach Kopenhagen mitsegeln und von dort aus in Richtung Norden aufbrechen.

Und so trafen wir uns am Morgen des 18. August am Boot in Düsternbrook. Nachdem alle Einkäufe, Taschen und alles andere Essentielle für eine 2½-wöchige Reise verstaut waren, wurden die letzten Instruktionen für die Regatta gegeben und das Auslaufen vorbereitet. Es war viel Wind angesagt und wir waren gespannt, was uns die nächsten 1 ½ Tage erwarten würde. Die ersten Stunden verliefen einigermaßen ruhig, der Wind von Achtern war nicht ganz so stark wie angesagt, allerdings war die Welle relativ hoch und auch der Wind nahm, obwohl wir zunächst in der Landabdeckung von Langeland waren, eher zu als ab. Dementsprechend war es auch im Laufe der Nacht eine anstrengende Regatta, bei der wir viel mit Ein- und Ausreffen beschäftigt waren. Am Donnerstagvormittag flaute der Wind ab, so dass wir dann am Nachmittag das Ziel kurz vor Kopenhagen passierten und in Tuborg Havn einliefen. Für einige von uns war es die erste Regatta durch die Nacht und als neu zusammengewürfelte Crew mit vollbepacktem Boot waren wir überglücklich, gut angekommen zu sein und zufrieden mit unserer Leistung, auch wenn wir, aufgrund von Problemen mit der Großschot, nicht unser ganzes Potential ausschöpfen konnten. Nach der anstrengenden letzten Nacht ging es dann relativ schnell in die Kojen.

Einige Stunden Schlaf und ein ausgiebiges Frühstück später machten wir uns auf zur Sightseeing-Tour in die Kopenhagener Innenstadt. Von der kleinen Meerjungfrau ging es zum Schloss Amalienborg und schließlich nach Nyhavn, wo eine Pause samt Pølser und Softeis natürlich nicht fehlen durfte. Abends folgte die Siegerehrung, inklusive leckerem Buffet. Während unsere Mitkonkurrenten am Samstag zurück nach Kiel aufbrachen, standen bei uns letzte Bootsarbeiten und ein Crewwechsel an. Tobias und Till stiegen aus und mit dem Zustieg von Karo war unsere Crew komplett. Abends liefen wir bei wenig Wind aus dem Hafen aus. Unser Plan war es, in einem Schlag von Kopenhagen nach Oslo zu segeln, circa 270 Meilen.

Nach einem leckeren Abendessen und dem Versuch den Gennaker zu ziehen, ging die Steuerbordwache schlafen. Schon bald war klar, dass die nächsten Stunden eher Motoren statt Segeln angesagt war. Der Himmel war sternenklar und bald sahen wir die ersten Sternschnuppen. Es sollten nicht die letzten auf dieser Reise gewesen sein. Auch die Flaute hielt nicht ewig an und bei zunehmendem Wind und strahlendem Sonnenschein war der Sonntag auf See ein perfekter Segeltag. Inzwischen befanden wir uns im Skagerrak und am Montagmorgen war die schwedische Küste schon deutlich zu sehen. Der Wind hatte wieder nachgelassen, das gute Wetter war jedoch konstant und so war die Badepause mit Sicherheit ein Highlight des Tages, ebenso wie die Sichtung einer Gruppe von Schweinswalen und das Erreichen des Oslo Fjords bei Sonnenuntergang und mit gesetztem Spi. Faszinierend war auf jeden Fall auch die Wassertiefe, welche zum Teil über 300 Meter betrug. Die Größe des Oslofjordes machte sich insofern bemerkbar, als dass wir erst am frühen Dienstagmorgen unseren Zielhafen in Oslo erreichten. Die Ansteuerung im Dunkeln: Eine Herausforderung und ein Abenteuer zugleich. Nach 58 Stunden durchsegeln brauchten wir alle erstmal eine Runde Schlaf und eine warme Dusche.

Endlich wieder festen Boden unter den Füßen, ließ der erste Landgang nicht lange auf sich warten. Wir erkundeten das Zentrum Oslos, samt Königspalast und der berühmten Oper. Abends ließen wir den Tag mit Gesellschaftsspielen unter Deck ausklingen. Der nächste Tag bildete das Kontrastprogramm: Die Metro brachte uns etwas nach außerhalb, von wo aus wir eine Wanderung starteten. Der Weg war steil und steinig, belohnt wurde man mit einem fantastischen Ausblick über die gesamte Stadt und die Anfänge des Fjords. Weiter ging es durch die wunderschöne norwegische Natur, die kaum erahnen ließ, dass wenige Kilometer entfernt die Hauptstadt des Landes lag. Wir beendeten unsere kleine Wanderung in einem Café, mit Kaffee, Kuchen und ebenfalls mit dem Panorama der Stadt. Danach ging es weiter zu der bekannten Skisprungschanze Oslos, Holmenkollen. Immer noch beeindruckt von der Größe dieser und auch ein bisschen erschöpft, machten wir uns schließlich auf den Rückweg zur Zukunft, wo wir einen weiteren netten Abend als Crew hatten. Bei anhaltend schönem Wetter waren wir Wind bedingt zu einem weiteren Hafentag gezwungen, was bei der Größe und Bandbreite der Stadt allerdings kein Problem darstellte.

Am Freitag brachen wir dann auf den Rückweg nach Süden auf und konnten nun, bei einem durchschnittlichen Wind von 10 Knoten, den Oslo Fjord im Hellen bewundern. Gegen Abend erreichten wir Nodre Kaholmen, eine süße, kleine Insel mitten im Fjord. Bei einem Landgang bestaunten wir bei Sonnenuntergang die alte Festung vor Ort. Dieser und auch die nächsten Tage bildeten das absolute Kontrastprogramm zur Großstadt Oslo. Am Samstag wollten wir abends an der norwegischen Schäre Seiloy vor Anker gehen. Unter Spi und bei Sonnenschein passierten wir die Ausläufer des Fjords und kamen aus dem Staunen gar nicht mehr raus, als wir in die Schärenlandschaft Norwegens eintauchten. Mit Heck- sowie Schärenankern machten wir mit dem Bug an den steinigen Felsen fest. Das Dinghi hatte seinen ersten Einsatz, damit wir die Umgebung nicht nur von Land aus erkunden konnten. Die sternenklare Nacht machte auch die Ankerwache mehr als erträglich. Am nächsten Tag erreichten wir schwedische Gewässer und nach einem weiteren schönen Segeltag legte die »Kuh« in Strömstad an. Hier verabschiedeten wir uns von Bente und machten noch ein paar Besorgungen, da wir am darauffolgenden Tag wieder bei einer Schäre ankern wollten. Angekommen vor Gluppo, fanden wir einen passenden Stein, an den wir uns längsseits legen konnten. So blieb der Anker im Boot, das Dinghi allerdings wurde auch hier ausgepackt. Ebenso wie auf der anderen Schäre gab es hier die idealen Voraussetzungen zum Baden, entspannen, lesen, über Steine klettern und Sternschnuppen sehen.

Der Medium Spi wurde auch am Dienstag auf dem Weg nach Smögen wieder gezogen. Der kleine Ort liegt inmitten der schwedischen Schären und lud erneut zum Baden ein, auch wenn uns das Springen von den fest installierten Sprungtürmen doch etwas Überwindung kostete. Wir waren mittlerweile zwei Wochen unterwegs und die Stimmung war beständig gut. Auch an diesem Abend war das bemerkbar: Mit ABBA Songs und tanzend wurde in Joels Geburtstag reingefeiert. Nachdem wir am nächsten Morgen noch einige Hafenmanöver geübt hatten, wurden die Segel gesetzt und Kurs auf die kleine Insel Käringön genommen. Auch wenn wir bei 5 Knoten Wind manchmal eher trieben als segelten, setzten wir für 2 Stunden den Gennaker und hatten ein Erfolgserlebnis beim Angeln. Der frische Fisch, 11 Makrelen, wurde abends auf den Grill gelegt und bildete den perfekten Abschluss eines schönen Tages auf dem Wasser.

Der nächste Tag wurde noch mit einem Spaziergang auf der Insel begonnen, die kleinen Häuschen erinnerten an einen Astrid Lindgren Roman, bevor wir uns dann schweren Herzens auf den Rückweg, in Richtung dänischer Gewässer, begaben. Eigentlich war ein Zwischenstopp auf Anholt geplant gewesen, allerdings machten uns Wind und Welle das Anlaufen, aufgrund der flachen Wassertiefe vor Anholt, unmöglich. So waren wir dazu gezwungen, durch die Nacht und bei zunehmendem Wind weiter zu segeln. Gegen acht Uhr morgens erreichten wir Odden Havn an der Nordspitze von Seeland, von wo aus wir am Samstagmorgen zu unserem letzten Ziel Bagenkop aufbrachen. Bei etwas weniger als 15 Knoten Wind konnten wir mittags nochmal mit Gennaker segeln, bevor wir gegen Abend in eine Flaute vor der großen Beltbrücke gerieten, auf die dann aber östlich von Langeland relativ viel Wind folgte, so dass wir sogar die G4 setzten. Nachts um kurz vor zwei liefen wir in Bagenkop ein und veranstalteten ein nächtliches Abendessen in der Seglerküche, bevor wir uns in die Kojen legten, um am Sonntag gen Heimathafen zu segeln. 4 ½ Stunden Champagnersegeln bei Sonnenschein und 12 Knoten Wind bildeten den perfekten Abschluss der Tour und als wir am späten Sonntagabend vom geputzten Boot an Land gingen, konnten wir auf eine unvergessliche Reise zurückblicken. Wir waren uns einig: Besser hätte die Route, das Wetter und auch die Crew nicht sein können. Diese Sommerreise wird uns allen noch lange in Erinnerung bleiben.

Text: Merle Sophie Rickers, Fotos: Justus Hartwig, Bente Brandt