Kräftige Böen, die über das Olympiazentrum fegten, sorgten für einen packenden Rennauftakt der Yachten in Sichtweite der Besucherschar von Schilksee. Das „Surprise“-Team von Marie Becker (Kiel) legte einen Bilderbuchstart hin, setzte den großen, roten Spinnaker und zog zunächst davon. Dahinter hatten die leichten Yachten wie die „Red“ von Finn Groetzner (Hamburg) und die „Dwinger 2.0“ von Jens Dwinger (Strande) mit dem Druck im leichten Tuch zu kämpfen und viel Arbeit, um gegen einen Sonnenschuss anzuarbeiten. Nicht allen Yachten gelang das erfolgreich; sie legten sich mächtig auf die Seite, bevor sie den Bug nach Dänemark drehten.
Mit freiem Wind wurde es in der Abendsonne ein schneller Ritt nach Nordosten. Bereits gegen Mitternacht hatten die führenden Yachten, die „Calypso“ von Gerhard Clausen (Hamburg) und die „Red“, die Nordspitze Langelands erreicht und zogen ihre Bahnen zurück nach Süden und schließlich durch den engen Sund zwischen den dänischen Inseln Tasinge und Fünen.
Der Kurs führte weiter nach Osten auf die Insel Lyö zu. Dort hatte sich am frühen Morgen die Wettfahrtleitung um Ralf Paulsen positioniert und genoss den Blick auf die Yachten, die nach und nach mit schöner Schräglage auf dem Am-Wind-Kurs auf sie zukamen. „Wir hatten durch die Nacht hindurch sehr guten Wind mit 18 bis 19 Knoten. Der stand länger durch, als es prognostiziert war“, berichtete Paulsen.
Für den Vormittag wurde die Windsituation weiter im Auge behalten, denn ein Winddreher um 180° Grad kündigte sich an, zwischenzeitliche Flaute eingeschlossen. Vor diesem Hintergrund zahlte sich die intensive Analyse der Wetter- und Strömungsoptionen durch die Wettfahrtleitung aus. „Die ersten Yachten hatten im Svendborgsund noch mit Gegenstrom zu kämpfen, die kleineren wurden dann geschoben. Das hat sehr geholfen. Unsere Rechnerei der möglichen Segelzeiten aller Yachten hat sich ausgezahlt“, sagte Paulsen.
Nach 14:24 Stunden auf See zog einmal mehr die „Calypso“ als erste Yacht durch das Ziel, das am Kieler Leuchtturm aufgebaut worden war. Es folgten rund drei Stunden später die „Red“, die „Surprise“ und die Hamburger „Broader View“ mit Skipper Max Gärtner. Berechnet stand schließlich die „Surprise“ an der Spitze der Gruppe ORC A/B – sehr zur Freude der Crew. „Super, dass wir unseren Sieg aus 2022 wiederholen konnten, nachdem wir im letzten Jahr pausiert haben. Uns hat das Rennen riesig Spaß gemacht. Die Bedingungen waren großartig, und die Strecke ist sehr schön. Ein großes Dankeschön an die Wettfahrtleitung“, sagte Julian Schaarschmidt, Sohn der „Surprise“-Skipperin.
Auf dem Weg nach Langeland kam die Mannschaft der XP44 zwischenzeitlich geradezu in einen Geschwindigkeitsrausch. „Auf dem Downwind haben wir unseren bisherigen Geschwindigkeitsrekord gebrochen, waren mit 17,5 Knoten unterwegs – und das mit einer Yacht, die es inklusive Crew auf über zehn Tonnen Gewicht bringt“, so Schaarschmidt. Um auf dieses Tempo zu kommen, hatte die „Surprise“ neben dem 63 m² großen Groß- und dem kleinen Stagsegel auch noch die 195 m² leichtes Tuch für den Gennaker gesetzt. Daneben berauschte sich die Crew an den Wendeduellen im Svendborgsund mit der „Broader View“. Julian Schaarschmidt: „Diese Situationen haben wir sonst selten bei den langen Rennen. Das hat uns richtig Spaß gemacht.“
Auch in den weiteren ORC-Klassen standen am Sonnabendnachmittag die Sieger fest. Die Klasse B gewann die „Dwinger 2.0“ von Jens Dwinger (Strande), und bei den kleinen Booten der ORC C+D setzte die „Patent 4“ die Erfolgsserie zur Kieler Woche auch ohne ihren Eigner Jürgen Klinghardt fort. Der war aus privaten Gründen verhindert und hatte seine Yacht an seinen Taktiker Oliver Voss übergeben. Nach dem Sieg meldete er sich glücklich in Kiel: „Ich bin richtig stolz auf das Team. Das haben die super gemacht“, sagte Klinghardt.
Schwieriger wurde die Kür der Sieger in den weiteren Wertungsklassen, die im Laufe des Sonnabends mitunter doch noch kurz von der Flaute mitten in der Ostsee eingeholt wurden. „Das waren aber nur 15 bis 20 Minuten, dann kam der Wind aus der anderen Richtung, also aus Ost zurück, frischte sogar auf drei bis vier Windstärken auf, so dass wir alle zum Kieler Leuchtturm durchfahren lassen konnten“, sagte Ralf Paulsen.Der Tag auf See wurde für die langsameren Boote im Feld dadurch zwar noch etwas länger. Probleme mit dem Zielschluss gab es aber nicht. Vorsorglich war die Zeit für alle Finisher auf 36 Stunden angesetzt.