Erstmals in diesem Jahr gab es einen eigenen Cup für die Frauen beim Kampf um die älteste Sporttrophäe der Welt, den America’s Cup. Die deutschen Nachwuchssportler traten zum dritten Mal an. Nach dem Debüt mit Erik Heil, Thomas Plößel, Philipp Buhl und Max Kohlhoff hatten Paul Kohlhoff und Crew die deutsche Geschichte im Youth America’s Cup fortgesetzt. Vor Barcelona ging das deutsche Team bei beiden Cups an den Start.
Man kennt sich: Zum AC Team Germany zählen Spitzensportlerinnen und -sportler aus dem Kieler Yacht-Club und der ganzen Republik. Olympische Medaillen, Weltmeister-, nationale und internationale Titel vereinen die Crews auf sich, unter ihnen neben dem Initiator Paul Farien und der Leiterin des Women’s Team, Carolina Werner, Maru Scheel und Jesse Lindstädt. Am Kamin der KYC Lounge gaben sie Einblicke in ihre Erfahrungen beim Youth & Women’s America’s Cup (YWAC) und ihre weiteren Pläne.
Das Projekt war ambitioniert: „Wir haben eine nationale Kampagne gestartet und es geschafft, uns im Wettbewerb um die begehrten sechs freien Plätze durchzusetzen“, erzählt Paul Farien. Aus dem ersten Impuls des 2021er Vize-Europameisters in der Waszp war schnell ein Netzwerk gewachsen, das die Seglerinnen und Segler auf ihrem Weg zum Youth & Women’s America’s Cup trug und begleitete. [Hier geht es zur Frühjahrs- KYC Lounge.] „Kurz nachdem ich Marc Pickel von der Idee erzählt hatte, rief er mich an: ‚Ich habe übrigens‘ den Simulator bestellt‘“, erinnert sich der 25-jährige Initiator.
„Als ihr in das Rennen gestartet seid: Wieviel Erfahrung hattet ihr da auf dem Boot?“, fragte der KYC-Vorsitzende Hauke Berndt, der die Kaminrunde moderierte. „Fünf Stunden“, antwortete Maru Scheel. Dass sich ihr Training angesichts der gigantischen Summen allein für die Charter der Turbo-Rennmaschinen großteils im Simulator würde vollziehen müssen, war der Crew schon früh klar gewesen. Tag um Tag hatten sie sich bei Kiel getroffen und auf dem Trockenen Manöver um Manöver durchgespielt. „Das war Segeln nach Zahlen“, erinnerte sich Jesse Lindtstädt. Ohne Force Feedback gaben nur die im Simulator angezeigten Zahlen Orientierung in Sachen Performance. Auch Segel waren nicht zu sehen.
Umso größer war dann die Spannung, als es endlich, endlich losging. Vor Barcelona pfiff den Crews nicht nur der Wind um die Ohren, als die AC 40 mit bis zu 40 Knoten über die Wellen rasten. „Man kennt Segeln ja eigentlich als entspannten, ruhigen Sport“, lächelte der 2019er Jugend-Weltmeister im Nacra 15. „Das hier war vollkommen anders. Besonders die Technik an Bord sorgte für ohrenbetäubenden Lärm. Untereinander konnten wir uns nur per Funk, über Headsets, verständigen“, erzählte er weiter.
Zur Technik an Bord der YWAC-Boote gehört ein ausgefeiltes Sensoren- und Hydrauliksystem, das dafür sorgt, dass hier keiner mehr kurbeln, strampeln oder grinden muss. Auf Knopfdruck bewegen sich Segel und Foils – wenn nicht der Autopilot aktiv ist.
„Hier spielt körperliche Stärke keine Rolle für den Rennerfolg“, so Carolina Werner. Die 30-jährige hatte das Management des Women’s America’s Cup-Teams übernommen. Keine einfache Aufgabe: „Viele der Seglerinnen kannten sich seit Jahren – als Kontrahentinnen“, erzählte die Nacra 17-Olympionikin aus Rio. „Hinzu kam, dass wir alle aus Zweierbooten kommen. Keine von uns war es gewohnt, sich in einer Vierer-Crew zu koordinieren“, berichtete sie weiter.
Als der Startschuss fiel, wuchsen die Crews final zusammen. „Geholfen hat uns das Simulatortraining insbesondere für die Kommunikation“, sagte Maru Scheel. Die Geschwindigkeit, die sie in die Schalensitze presste, die Gischt im Gesicht und die ultraschnellen Reaktionen in den Rennen der rasenden Geschosse – das war kein Neuland für die Seglerinnen uns Segler, die aus foilenden und schnellen Skiff-Klassen kommen. „Das hat natürlich sehr geholfen“, so die 49erFX-Seglerin weiter.
„Die finalen Ergebnisse spiegeln nicht vollständig unseren Einsatz und unsere Erwartungen wider. Technische Schwierigkeiten, besonders mit unserem Backbord-Foil, haben uns leider gebremst und die Schlagdistanz zu den weltbesten Teams vergrößert. Aber das hat uns nie daran gehindert, weiterzukämpfen und uns von Rennen zu Rennen zu steigern“, betonte Paul Farien. „Es war ein unvergessliches Erlebnis, mit auf diesen unglaublichen Booten über das Wasser zu fliegen. Eine der besten Erfahrungen meines Lebens“, schwärmte der Geschäftsführer des AC-Teams.
Dass sie eine große gemeinsame Erfahrung teilen, strahlten die Seglerinnen und Segler aus, als sie am Kamin den YWAC Revue passieren ließen.
Wie es für sie weitergeht?
Carolina und Maru können sich einen erneuten Start beim nächsten Women’s America’s Cup gut vorstellen. Wann der stattfindet, ist allerdings noch nicht entschieden. Das machen Neuseeland und England unter sich aus. Frühestens wird es 2027. Darauf hoffen die Seglerinnen und Segler: „Ungünstig wäre es im olympischen Jahr“, erzählte YWAC-Steuerfrau Maru Scheel. Ein Cup 2028 würde, das hat sich dieses Jahr gezeigt, das Team dezimieren. Für Los Angeles bringen unsere Sportlerinnen und Sportler sich aktuell weiter in Stellung. Maru Scheel kehrt jetzt erst einmal zu Freya Feilcke auf den 49er FX zurück.
Für Paul und Jesse steht ein zweiter YAC-Start aufgrund der Altersgrenze nicht zur Debatte. Paul sieht seine weiteren Ziele eher im Management-Bereich. „Wir wollen unsere Erfahrungen weitergeben, so dass die, die nach uns kommen, nicht wie wir von Null anfangen müssen“, sagte er. „Dafür haben wir die Foiling Academy Germany e.V. gegründet.“
Nach einer guten halben Stunde dankte Hauke Berndt den Gesprächspartnern am Kamin. „Wie funktionieren die Foils genau?“ „Habt ihr darüber nachgedacht, beim Eissegeln zu trainieren? - Die KYC Lounge-Gäste nutzen ihre Chance zum persönlichen Austausch mit dem YWAC-Team - und natürlich für Gespräche und gute Wünsche zur Weihnachtszeit.
#safe the date: Nächste KYC Lounges im Februar
Die nächsten KYC Lounges finden im Februar statt: Am 13. Februar geht es am Kamin erneut um schnelles Segeln mit Gästen aus dem Deutschen Sail GP Team, u.a. Erik Heil und Anna Barth. Zwei Wochen später, am 27. Februar, startet Runde zwei zum Thema Küstenschutz u.a. mit Umweltminister Tobias Goldschmidt und Sebastian Wache.
„Geöffnet wird die KYC Lounge wieder ab 18 Uhr, unkompliziert ohne Anmeldung mit viel Zeit zum Schnacken“, so Hauke Berndt. Für die Planung freut das Organisationsteam sich über Feedback und Anregungen. Interessierte können der WhatsApp-Gruppe „KYC Lounge“ beitreten.
Text & Bilder: Carina Wegner