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Geschafft! – Nach 80 Tagen ist Boris Herrmann im Ziel der Vendée Globe

Les Sables d*Olonne. Am Mittwochabend um 23.18 Uhr hat Boris Herrmann die Ziellinie mit der „Malizia – Seaexplorer“ passiert. Nach 80 Tagen, zehn Stunden, 16 Minuten und 41 Sekunden hat er seine zweite Vendée Globe als Zwölfter beendet. Er hat 29.201 Seemeilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15.13 Knoten zurückgelegt.

Noch hält Papp-Boris die Stellung an Bord der Malizia - Seaexplorer © Ricardo Pinto/ Team Malizia

Daumen hoch! - Ein Taumstart für Boris Herrmann bei seiner zweiten Vendée Globe. © Boris Herrmann/ Team Malizia

Flaute mit Aussicht auf Orkan: Ein Ausschnitt auf die 40 Imocas starke Flotte beim Start der Weltumseglung © Yann Riou I polaRYSE

Sonnenscheinsegeln im Südmeer? Zeit zum Reparieren. © Boris Herrmann/ Team Malizia

Boris stellt seine Offshore-MacGyver-Skills erneut unter Beweis: Er besiegt seine Höhenangst und repariert die Vorsegel-Aufhängung © Boris Herrmann/ Team Malizia

Geschafft! Nach 80 Tagen auf See quert Boris die Ziellinie vor Les Sables d'Olonne © Marie Lefloch/ Team Malizia

Die Tagesschau berichtet regelmäßig über Boris Herrmanns Solo-Weltumseglung, so auch am 30. Januar.

Die Crew ist an Bord, die Malizia im Kanal zum Start- und Zielhafen Les Sables d'Olonne © Olivier Blanchet/ Vendée Globe

Tausende bejubeln die Einfahrt des Solo-Weltumseglers © Olivier Blanchet/ Vendée Globe

Was für ein Willkommen! © Ricardo Pinto/ Team Malizia

„Ich bin froh, dass dieser Kampf vorbei ist", so Boris in einer ersten Video-Botschaft von Bord der Malizia. „Eine herausragende Leistung bei der härtesten Einhandregatta der Welt“, lobte der Kommentator in der Tagesschau. Tausende feierten den Solo-Weltumsegler aus Hamburg bei der Hafeneinfahrt in Les Sables-d'Olonne. Der ARD-Sportclub übertrug die Hafeneinfahrt des Norddeutschen live. [Hier geht es zum News-Blog der ARD.]

Das Mitfiebern ist überstanden. Nach über elf Wochen können wir durchatmen.
Wer schon die letzte Vendée Globe verfolgt hat, weiß: Hier gibt es Spannung bis zum Schluss! Bei seiner ersten Solo-Weltumseglung war Boris im Endspurt ums Podium kurz vor dem Ziel mit einem Fischtrawler kollidiert, hatte das Rennen dann mit Platz fünf beendet. 

Die ultimative Herausforderung
Als „ultimative Herausforderung" hatte Herrmann die Vendée Globe vor seinem zweiten Start beschrieben. Vergangenes Jahr hatte er in Vorbereitung auf die Weltumsegelung mit den zweiten Plätzen bei den Transatlantik-Regatten „Transat CIC" sowie der „New York Vendée" aufhorchen lassen.
In seiner Zielsetzung für die Neuauflage der Solo-Regatta blieb der Norddeutsche angesichts dessen scheinbar bescheiden: Die Top Ten sollten es sein. Seine gebündelten Erfahrungen aus 2020/ 21 hatte der Skipper in den Neubau der „Malizia“ fließen lassen, um für die Bedingungen im Südpolarmeer gestählt zu sein. Bei The Ocean Race hatte das Schiff seine Feuerprobe bestanden.

Der beste Start – und ein schneller Rückschlag
Am 10. November überrascht die Malizia in Les Sables-d'Olonne mit dem besten Start aller 40 Boote, führt die Flotte kurz an. Ein erstes technisches Problem an Bord führt dazu, dass Boris leicht ins Hintertreffen gerät. Aber auch der überschaubare Abstand zur Spitzengruppe von 120 Seemeilen hat gravierende Konsequenzen: Auf dem Weg zum Kap der Guten Hoffnung verliert Boris den Anschluss, weil er das erste große Tiefdruckgebiet verpasst. Die Führungsgruppe segelt auf und davon - und erwischt gleich noch ein weiteres Tiefdruckgebiet.
„Manchmal möchte ich weinen", gesteht der 43-jährige knapp drei Wochen nach Start des Rennens Ende November. „Vier Jahre Vorbereitung, ein neues Boot und der Traum, mit 20 Knoten durch die Wellen zu schneiden. Und jetzt sitze ich hier, in der Flaute. Das macht mich traurig." Während die Führungscrew Geschwindigkeitsrekorde bricht, kommt Boris kaum voran. Als er wenige Tage später das Kap der Guten Hoffnung passiert, ist der Rückstand schon auf über 1.300 Seemeilen angewachsen.

„Heimspiel“ für die Malizia?
Dass er von einem gewissen Rückstand zur Spitze ausgehe, bis er selbst das Südpolarmeer erreicht, hatte Boris vor dem Rennen erklärt: An der Eisgrenze sollte die Malizia ihre wahre Stärke ausspielen. Doch Wind und Welle zeigen sich dieses Mal atypisch im Südmeer und bringen nicht das erhoffte Heimspiel. Boris segelt sich zwar zurück in die Top Ten, als er aber Kap Leeuwin, den südwestlichsten Punkt des australischen Festlandes, passiert, ist die Spitzengruppe noch immer knapp 1.200 Seemeilen voraus.
Bei rauer See kann die Malizia dann ihre Qualitäten ausspielen, düst Richtung Point Nemo, den Punkt auf der Welt, der am weitesten von jedem Festland entfernt ist. Der Rückstand schrumpft auf 300 Seemeilen, Rang vier rückt wieder in Reichweite.
Aber dann profitiert die Spitze wieder von besseren Wetterfenstern und eilt zu neuen Rekorden – während Boris kurz vor Weihnachten „beim schlimmsten Seegang aller Zeiten" kentert. Er bekommt seine Yacht wieder in den Griff.  Der Rückstand auf die Spitze ist unterdessen schon wieder auf mehr als 1.600 Seemeilen angewachsen.

Bei Nacht um Kap Hoorn
"Die Vendée Globe bringt mir kein Glück", findet der 43-Jährige, als er bei Nacht Kap Hoorn passiert. Er hatte auf eine Passage bei Tageslicht mit guter Sicht auf die letzte große Wegmarke gehofft. 
Dabei schafft er es noch, seine eigenen Erwartungen zu übertreffen: Bereits am 28. Dezember und damit drei Tage schneller als anvisiert rundet er das legendäre Kap.

Neues Jahr, neues Glück?
Zum Jahreswechsel „läuft“ es dann für Boris: Sein Kurs führt ihn immer weiter nach vorn. Nun rückt auch Platz vier wieder in Reichweite. 
Dann aber kommt es „dicke“ für den Norddeutschen. Eine Halteleine in der Takelage droht zu reißen! Boris bezwingt seine Höhenangst, bessert den Schaden aus. Das kostet ihn wertvolle Meilen. Dann setzt ein Blitzeinschlag Teile der Elektronik an Bord außer Betrieb. Zwei Tage später verliert Boris zunächst auch noch sein wichtigstes Vorsegel: Die Aufhängung bricht. Erst als der Wellengang es zulässt, kann er das Segel wieder befestigen und weitersegeln.

UFO-Alarm und Orkan
Kaum ist der Skipper wieder auf Kurs folgt das nächste Ungemach: Die Kollision mit einem unbekannten Objekt beschädigt das Backbord-Foil so stark, dass es nicht mehr zu benutzen ist. Boris zeigt erneut seine Offshore-MacGyver-Skills, kann das Foil zum Großteil einfahren. Doch rund ein Fünftel des defekten Flügels ragen weiter aus dem Rumpf und bremsen Malizia fortan aus.
Dann zeigt Petrus noch einmal, was er draufhat: Am Kap Finisterre zieht extrem harsches Wetter mit orkanartigen Böen und meterhohen Wellen auf. Als Boris „einfach nur noch nach Hause“ will, erlebt der sechsmalige Weltumsegler in der aufgewühlten Biskaya die härtesten Bedingungen, die er je gesehen hat. Trotzdem macht er noch einen Platz gut. Auch ein Riss im Großsegel kurz vor dem Ziel ändert daran nichts.
Und trotz aller Widrigkeiten bricht er jetzt seine eigene Bestmarke, ist vier Stunden schneller als beim ersten Mal. 

Aller guten Dinge sind drei
Kaum an Land sagte der Norddeutsche im Tagesschau-Interview: „Das Rennen an sich ist eine intensive Lebenserfahrung und ich würd es nicht missen wollen.“ Auch bei der nächsten Auflage des Rennes will er wieder an den Start gehen: „Aller guten Dinge sind drei", findet er. „Wir geben uns Mühe, dass wir einige der Erfahrungen dieser Vendée Globe umsetzen können in hoffentlich dann eine Podiumsplatzierung."
Wenn es für sie nach Plan läuft, wird er dann mit einer Clubkameradin gemeinsam an die Startlinie gehen: Susann – „Sanni“ – Beucke will als erste deutsche Frau bei der Einhandregatta antreten. [Mehr dazu verrät sie am 31. Januar beim zweiten Schifffertisch der Saison.]
Für Boris stehen die Zeichen jetzt erst einmal auf Entspannung. Zeit für die Familie. Mit seiner Frau, der gebürtigen Kielerin Birte Lorenzen-Herrmann, Tochter Marie-Louise und Hund Lilly will er erst einmal wieder im Alltag ankommen.
Im Sommer winkt dann schon die nächste Herausforderung, dieses Mal als „Heimspiel“: Bei The Ocean Race Europe tritt Boris mit Crew an. Das Rennen startet am 10. August ab Kiel. Auch Birte will in den Tagen zuvor mit Aktionen rund um das Bildungsprogramm für den Klimaschutz vor Ort sein.

 

Text: Carina Wegner