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The Ocean Race: Gänsehaut & große Emotionen in Kiel

Kiel/ Alicante. 60.000 Seemeilen um die Welt, eine starke Rolle für die Segelhauptstadt Kiel und zwei KYC-Stars am Start. Nach Boris Herrmann hat auch Susann Beucke ihre Teilnahme an der Offshore-Regatta The Ocean Race angekündigt. Im Januar fällt der Startschuss. Im Juni „fliegt“ das Event über Kiel.

Die Olympia-Silbermedaillengewinnerin aus Strande mit großen Plänen © Eloi Stichelbaut / @PolaRYSE

Susann an Bord ihres Boots der Solo-Seesegel-Klasse Figaro vor der französischen Küste © Felix Diemer Photography

Die Route der Imocas bei The Ocean Race 2023. In Kiel ist im Juni ein "Fly by" geplant. © The Ocean Race

Fast fertig. Boris Hermanns Malizia im Hafen von Alicante nach dem Refit © Jimmy Horel

Die Malizia am Start der Route du Rhum im Herbst. © Pierre Bouras

Weltumsegler Boris Hermann mit Kurs auf die nächste Erdumrundung. © Andreas Lindlahr

„Für mich geht ein Lebenstraum in Erfüllung", so Susann Beucke. 2002, als die 'Illbruck' in Kiel als erstes und einziges deutsches Team  in der Geschichte des Rennens, den Sieg holte, war sie live dabei. „Ich war mit meiner Familie auf dem Wasser und habe die 'Illbruck' die letzten Meilen ins Ziel begleitet. 300.000 Menschen waren damals dabei. Es war unglaublich. Ich war damals neun Jahre alt. Seitdem habe ich davon geträumt, selber beim Ocean Race zu segeln.“ Jetzt hat „Sanni“ Beucke ihre Teilnahme angekündigt. „Das ist so aufregend, wahrscheinlich das Aufregendste, was ich bisher gemacht habe", so die 31-jährige bei Instagram. „Ich kann es immer noch nicht glauben, aber es passiert wirklich."

Von Tokio über Strande ins Seesegel-Mekka: Susann Beucke
Im Sommer 2021 hatte die gebürtige Stranderin bei den olympischen Spielen in Tokio gemeinsam mit ihrer Partnerin Tina Lutz olympisches Silber im 49erFX geholt. Schon beim großen Willkommen für die Kieler Olympioniken in der KYC-Bootshalle hatte sie in vertrauter Runde laut vom Offshore-Segeln geträumt. Anfang diesen Jahres packte sie die Koffer und zog ins französische Lorient, ins Mekka der Offshore-Segler.
Seitdem hat Sanni mit ihrer eigenen Kampagne „This Race is female“ und einer Rennyacht der „Figaro“-Klasse die Welt des Offshore-Segelns für sich erschlossen. Im Sommer traf sie Kevin Escoffier. Der Franzose, der spätestens mit seiner spektakulären Rettung bei der Vendée Globe 2020 auch hierzulande über die Segel-Community hinaus bekannt wurde, hatte bei der letzten Auflage der Regatta 2018 den Sieg davongetragen und gilt als einer der Favoriten für 2023. Er lud sie zum Testsegeln ein. 
Im Herbst fuhr Susann im „Solitaire du Figaro“ mit, der inoffiziellen Weltmeisterschaft der Solo-Seesegler, die als Wasserprobe der französischen Top-Offshore-Segler gilt, 2.500 Seemeilen, bis in die Fastnet-Gefilde der Irischen See. „Das ist eine unglaublich herausfordernde Regattaserie, die alles von dir fordert“, erzählt die Norddeutsche.
Danach fragte Kevin Escoffier sie, ob sie The Ocean Race segeln wolle. Nach einer kurzen Bedenkzeit und Rücksprache mit ihrem Team sagte sie zu. „Das Ocean Race hat alle begeistert.“ Susann komplettiert das schweizer Team „Holcim-PRB“ unter Führung Escoffiers. Sie ist die einzige deutsche Frau beim Ocean Race 2023 und die erste in der Historie der Mannschaftsrennen um die Welt seit 1981/82.
Im Rennen wird sie auf einen guten Freund, ihren KYC-Kollegen Boris Herrmann, treffen. Ihrer beider großes Ziel: Die Vendée Globe. Auch er war an jenem Tag vor 20 Jahren auf der Kieler Förde.

Nach der Route du Rhum ist vor dem Ocean Race: Boris Herrmann
„Es war eine Festival-Atmosphäre, Segel-Begeisterung, ein Gänsehaut-Feeling" als die 'Illbruck' in Kiel ankam“, berichtet Boris. Als die Förde kochte, voller Boote war, war auch er mittendrin. In einem Schlauchboot. Eine Inspiration für den jungen Segler, dessen „Lebensweg da schon mal intensiv mit diesem Rennen in Berührung“ gekommen ist.
19 Jahre (2021) danach startete er mit Susann Beucke und seinem Co-Skipper Will Harris gemeinsam an Bord seines GC32-Katamarans bei der Kieler Woche. Kommendes Jahr treffen sie auf dem Wasser in gegnerischen Teams aufeinander. Boris segelt an Bord seiner Imoca 60 „Malizia“. Bei der Route du Rhum hat der erst diesen Sommer fertig gestellte Neubau seinen Testlauf absolviert – nicht ohne erste Kinderkrankheiten zu offenbaren. Diese sollen bis Januar final ausgemerzt, die Crew eingespielt sein: Die Rücküberführung über den Atlantik von Guadeloupe nach Alicante hatte schon die Crew um Will Harris übernommen, während der deutsche Vendée Globe-Star sich eine Auszeit mit der Familie gönnte. Am Abend des 2. Januar will der viermalige Weltumsegler in Alicante zu seiner Crew stoßen. 
Susann ist bereits in Alicante angekommen, wie sie auf ihrem Instagram-Kanal berichtet.

The Ocean Race 2023 – „Fly by“ in Kiel
Am 15. Januar fällt der Startschuss zu The Ocean Race. Die Regatta gilt als eine der härtesten Hochseeregatten der Welt und wichtigste Mannschaftsweltumrundung des internationalen Segelsports. Rund 60.000 Kilometer haben die Crews in sieben Etappen zu absolvieren. Die Crews treten in zwei Bootstypen, jetzt auch erstmals mit Open 60 (Imoca), gegeneinander an. Herrmann und Beucke werden in vierköpfigen Teams an Bord „ihrer“ Imocas segeln. Die Route führt sie aus Alicante über die Kapverden nach Kapstadt und von dort ostwärts über Indischen und Pazifischen Ozean in den Südatlantik und ins brasilianische Itajaí. Über Newport in den USA geht es zurück nach Europa und ins dänische Aarhus. Dann macht The Ocean Race 20 Jahre nach dem legendären Finale erneut Station in Kiel. Auf dem Weg nach Den Haag runden die Segelyachten am Freitag, dem 9. Juni 2023, auf einen sogenannten "Fly by" eine Wendemarke in der Kieler Innenförde. Aus den Niederlanden geht es schließlich auf den letzten Teilabschnitt ins Mittelmeer und das italienische Genua.
„In diesem Rennen erfolgreich zu sein, wird uns alles abverlangen. Wir müssen das Boot noch härter segeln, mit der Mannschaft wird es noch viel intensiver sein", so Herrmann zum NDR. „Wegen der Zwischenstopps und der Notwendigkeit, das Boot immer wieder innerhalb kürzester Zeit instand zu setzen“ geht er davon aus, dass das Rennen auch an Land gewonnen wird. 


Carina Wegner